Café Andromeda

  • Tierna riss die Augen auf. "BAMBI?!!! Nein, das gibt's doch nicht?! Du hier?!"
    Ihr Herz schlug wie wild, noch gut erinnerte sie sich an den kleinen Knaben, der damals mit Kalydoscope und Levania ins Café Andromeda kam. Ihr Blick schweifte zur Zeichnung, die sie all die Jahre aufbewahrt hatte. Nun musste sie sich aber erst einmal setzen. Sie schob den Stuhl zurecht, wo Kalydoscope zuvor noch gesessen war. "Wahnsinn. Du hast dich verändert. Ich hätte dich niemals wieder erkannt. Aber erzähl - was machst du so? Was hat dich hierher verschlagen?!" Ihrer Stimme war deutlich zu entnehmen, wie aufgeregt sie war.

  • Bambi war überglücklich. Er hatte die lebensfrohe Tierna vermisst. Sie hatte sich kein bisschen verändert seit damals. "Ja, ich bin etwas älter geworden.", schmuzelte Bambi und strich sich über seine Bartstoppeln in seinem normalerweise glatt rasierten Gesicht. "Ich bin letztes Jahr von zuhause ausgezogen. Ich glaube, das war am Anfang schwer für Leva und Kaly, aber sie freuen sich für mich. Ich habe mein eigenes kleines Imperium aufgebaut und besuche die Universität von Andromeda. Heute war ich zum ersten Mal seit langem hier in der Nähe. Da musste ich unbedingt vorbeikommen. Ich habe dich vermisst, Tierna. Was gibt es bei dir Neues?" Gespannt auf ihre Antwort blickte Bambi der hübschen Cafebesitzerin in ihre funkelnden Augen.

  • Tierna wäre dem kleinen, nun grossen Bambi am liebsten um den Hals gefallen vor Freude. Sie hielt sich aber zurück, auch wenn alle in ihrem Café von ihrer Lebensfreude wussten. Sie stand den meisten Gästen ihres Cafés nahe, die öfters mal vorbeischauten und kannte ziemlich viele Geschichten. Doch dass Bambi zuhause ausgezogen war, das hatte sie noch nicht gehört. Sie nickte aufmerksam. "Das klingt ja ... fantastisch! Was studierst du denn?! Aber warte, zuerst brauchst du noch etwas zu trinken oder etwas zu essen!" Sie streckte ihm die Speisekarte entgegen und gab Marita ein Zeichen, damit sie Bambis Bestellung entgegen nehmen würde.
    Sie räusperte sich kurz, bevor sie anfing, zu erzählen "Nun, die Gäste kommen und gehen, die Stammgäste.. kommen nicht mehr so oft hierher, manchmal habe ich Gäste, die zufälligerweise hier vorbeifliegen..." Tierna klang etwas enttäuscht, doch sie fuhr mit einem Lächeln auf den Lippen fort "Aber mir gefällt die Arbeit hier immer noch, ich bin wirklich glücklich. Ich kann so meinen Vater ehren, der mir das alles hinterliess, und es erfüllt mich mit Freude, all die Geschichten zu hören, die mir meine Gäste erzählen." Sie deutete auf den kürzlich reparierten Eingangsbereich "Da ist beispielsweise vor einigen Monaten ein Raumschiff abgestürzt... Das war eine Aufregung" Sie lachte.

  • "Darf es sonst noch was sein?" fragte die Kellnerin, nachdem sie die gut aussehenden gelben Stücke vor ihm abgestellt hatte. "Noch so eins!" sagte Thorb und deutete auf das leere Glas vor ihm. Er hob seine Maske ein Stück an und begann die Minbarische Tarnung zu verspeisen, ohne weiter auf Kaly zu achten, der sich scheinbar immer noch nicht entschlossen
    hatte, ob er sich nun dazusetzen wollte.
    Das Café war wirklich gut. Er bereute, dass er wahrscheinlich nur kurz hierbleiben konnte.
    Die Inhaberin plauderte mit dem jungen Mann, der vorher bereits mit Kaly gesprochen hatte. Scheinbar war er eine bekannte Persönlichkeit. Unauffällig warf Thorb einen Blick auf die eingegangenen Aufträge. Einer der armen Tröpfe, auf die ein Kopfgeld ausgesetzt ähnelte ziemlich dem jungen Mann, aber das Bild war recht unscharf. Bambi stand darunter. Hatte er diesen Namen nicht eben gehört? Thorb beschloss, erst einmal abzuwarten, um sicher zu gehen. Dann würde er entscheiden, ob der junge Mann die paar Ressourcen wert war, die als Belohnung
    ausgesetzt waren. Vorsichtshalber lockerte er seinen Umhang und die Halterungen der darin verborgenen Vibromesser.

  • "Es freut mich, dass dir die Arbeit immer noch gefällt! Du bist auch wie geschaffen für diesen Job. Ich könnte das nicht. Ich muss rumreisen und die Galaxien entdecken." antwortete Bambi nachdem er ihren Ausführungen aufmerksam zugehört hatte. "Was? Sogar ein Raumschiff ist abgestürzt? Wahnsinn was du hier alles erlebst. Kein Wunder wenn vom Taugenichts bis zu den angesehensten Imperatoren jeder dein Café kennt und mal da war. Ich hoffe aber, es kommen bald wieder mehr Kunden! Schliesslich ist es so schön hier! Ich werde dich auf jeden Fall bei mir zuhause allen empfehlen.", fügte er mit einem Zwinkern an. Die alte, bereits etwas lädierte Speisekarte würdigte er keines Blickes. Auch nach all diesen Jahren kannte er sie noch in- und auswendig. Er hatte fast mit dieser Karte zu lesen gelernt.
    Als Marita an den Tisch trat, drehte er sich zu ihr und bestellte: "Bring mir doch bitte einen Ferengi Toast, ich sterbe fast vor Hunger... Und einen Kraftstoff bitte." Marita nahm ihm die Speisekarte ab und ging in die Küche.
    Bambi war die letzten paar Minuten völlig im Tiernas Bann gewesen, doch jetzt warf er wieder einen Blick zum maskierten Unbekannten hinüber. Irgendetwas beunruhigte ihn an dieser Gestalt, obwohl er in manch durchgezechter Nacht schon um einigen merkwürdigeren und bedrohlicheren Kreaturen über den Weg gelaufen war.

  • Nachdem Tierna zu Bambi gegangen war, blieb Kaly eine Weile unschlüssig stehen. Throb ass derweil unbeirrt die Minbarische Tarnung und seine grünen Augen blickten misstrauisch zu Bambi.
    Kurzerhand setze Kaly sich neben den Fremden. "Und, was hat dich hierher verschlagen?" Er gab Marita ein Zeichen, welches sie nickend entgegennahm und hinter der Theke verschwand.

  • Er beschloss, sich Kaly anzuvertrauen, bis zu einem gewissen Punkt zumindest. Vielleicht könnte er hier Hilfe bekommen. "Ich bin auf der Flucht. Killer jagen mich, weil ich einen Auftrag vermasselt habe. Ein lukrativer Auftrag, sonst hätte ich ihn nie angenommen. Eigentlich nichts besonderes, aber eine Verkettung unglücklicher Umstände hat dazu geführt, dass der Auftrag nicht erfüllt wurde und ich mich jetzt vor einer Horde Mörder in Sicherheit bringen muss. Du kennst nicht zufällig jemanden, der Spuren beseitigen und mir eine neue Identität aufbauen kann?"
    Das musste erstmal reichen an Information. Man musste Kaly ja nicht mit der Nase auf die Art des auftrags stoßen, obwohl er sicher seine Vermutungen anstellen würde.
    "Wie heißt eigentlich der Typ da drüben, der mit der Besitzerin flirtet? Sein Gesicht kommt mir bekannt vor."
    Thorb stopfte den letzten Rest der Minbarischen Tarnung in seinen Mund und schob die Maske wieder nach unten.

  • Tierna nickte Marita dankbar zu, als sie sich Bambis Bestellung notiert hatte und wieder in der Küche verschwand. Tierna war froh, eine so treue Seele wie Marita gefunden zu haben, die stets aufopfernd und sehr freundlich hier diente.
    Tierna hatte lächelnd Bambis Ausführungen gelauscht. Sie fühlte sich geschmeichelt, dass er sie als "wie geschaffen für diesen Job" hielt. "Es wäre mir eine Ehre, wenn du mich weiterempfehlen würdest. Leider ist es ja so, dass dieser Planet in der Neutralen Zone immer mehr an Bedeutung verliert, weil sich einige Imperatoren überhaupt nicht mehr darum scheren, auch nur einen kleinen Rest an Anstand zu bewahren..." Sie räusperte sich und verscheuchte die aufkommenden Erinnerungen an gewisse Erlebnisse in der Vergangenheit. "Ich verspreche dir, für jeden Imperatoren, der dank dir hier ins Café kommt, gebe ich dir einen Drink aus!"
    Sie folgte Bambis Blick zu dem Fremden. Eine gewisse Unruhe war bei Bambi zu spüren,Tierna legte ihm beschwichtigend eine Hand auf den Arm und meinte: "Er hat seine Waffe ohne Diskussion abgegeben, also wird er hier kaum für Unruhe sorgen." Ihr Glaube an das Gute im Menschen war einfach viel zu gross, als dass sie etwas anderes hätte annehmen können. Vielleicht blendete sie manchmal die Realität aus, aber so lebte es sich einfach schöner...

    Marita war in der Zwischenzeit leicht gestresst von der Küche hinter die Bar und wieder zurück in die Küche geeilt, hatte ein weiteres Bier für den Fremden angezapft und es ihm hingestellt.

    Ausserdem brachte sie Kalys Getränk ebenfalls gleich mit. Da er hier Stammgast war, kannte sie sein Stammgetränk.
    Später servierte sie Bambis Ferengi Toast und den Kraftstoff.

  • "Uff, da fragst du mich was", Kaly runzelte die Stirn, "aber ich kenne da jemanden, der die eventuell weiterhelfen könnte."
    In dem Moment erschien Marita und dankbar ergriff Kaly das Getränk und nahm einen Schluck. Der Geschmack breitete sich sofort in seinem Mund aus und genussvoll setzte er das Glas wieder ab, während er zu dem Fremden blickte. "Vielleicht fragst du einfach mal bei Mystogan an, er kann dir sicher helfen."

  • "Mystogan? Klingt mysteriös. Vielen Dank für die Info."
    Das Gefühl der drohenden Gefahr steigerte sich ins Unermessliche, als Thorb das leichte Vibrieren eines in der Nähe landenden Raumschiffes bemerkte. Konnte ihn jemand verraten haben? Vielleicht hatte Kaly ihn nur hinhalten wollen. Er wusste es nicht. Er wusste nur, dass er hier raus musste und vorher für Ablenkung zu sorgen hatte, damit ihn keiner aufhalten konnte. Mit geübten Händen betätigte er unter dem Tisch einen kleinen Knopf an dem Metallstab, der um seinen Gürtel hing. Innerhalb von Zehntelsekunden war das Ende des Stabes mit Kontaktgift benetzt. Er hatte sich für Epileptoxin entschieden, ein Gift, welches einen ca. 30 Sekunden anhaltenden Krampfanfall bei seinem Opfer auslöste. Ungefährlich, aber das wusste keiner außer ihm. Perfekt für ein wenig Ablenkung.
    Jetzt musste alles schnell gehen. Thorb berührte Kalys ungeschützte Hand mit dem Kontaktgiftstab. Blitzschnell schnappte er sich seine Waffe vom Tisch und lief mit schnellen Schritten Richtung Küche, wo er den Nebeneingang vermutete, den er vor Betreten des Cafés gesehen hatte.
    "Meine Rechnung zahlen die Gäste, die gleich eintreffen." rief er Tierna zu. "Und du solltest dringend nach Kaly schauen, der sieht irgendwie schlecht aus!"
    Er verschwand in der Küche, ohne auf die Reaktionen der Gäste auf sein Gift oder auf Tiernas Antwort zu warten. Eine halbe Minute später schoss ein MINBARI Jäger von der Planetenobfläche in den Weltraum, während bei irgendeinem Cafégast die Diebstahlsicherung des Raumschiffs losplärrte.

  • Bambi, der immer ein Auge auf dem Unbekannten liess, reagierte blitzschnell, als dieser Aufstand, doch dieser war unglaublich schnell und konnte fliehen. Mit einem lässigen Sprung über einen leeren Tisch landete Bambi neben seinem Vater, der zuckend auf dem Boden lag. "Epileptoxin...", murmelte Bambi. "Absolut ungefährlich, aber unangenehm für die Betroffen... Wenn ich diese Maske je wiedersehe..." Das Zucken liess bereits wieder nach und Kaly schien sich zu erholen. "Kaly, alles okay?" In diesem Moment piepste Bambis Pager. Es war eine dringende Meldung seines Offiziers. Ein leises Fluchen rutschte über Bambis Lippen, als er die Nachricht überflog. Er wandte sich an Tierna, die neben ihm stand: "Tierna, es tut mir schrecklich Leid, aber ich muss weg... Kaly geht es gut, er sollte jeden Moment wieder ganz der Alte sein. Ich werde dich bald wieder besuchen, ich versprech's!"
    Noch bevor Kaly oder Tierna ihm Antworten konnte war er aus dem Café gestürmt.

  • Entsetzt war Tierna aufgesprungen und war zu Kalydoscope gerannt. Der Typ war schon lange weg, man konnte ihn bestimmt nicht mehr einholen. Das Scherbeln in der Küche hatte für sich gesprochen. Dieser Typ würde definitiv Hausverbot bekommen. Sie würde ihn verklagen. Ein Angriff auf einem Planeten, der unter dem Gebot des Friedens stand!!! Das würde eine hohe Strafe nach sich ziehen. Sie verfluchte sich selbst für ihre Gutgläubigkeit und konnte es kaum fassen. Tausend Gedanken rasten durch ihren Kopf. . . Sie war schockiert und nahm ausser Kalydoscope nichts mehr wahr. Sie hörte nicht einmal, wie Bambi sich verabschiedete, sondern liess sich auf die Knie fallen und hielt Kalys zuckende Hand, die glücklicherweise nicht mehr so stark zuckte, wie zu Beginn. Tränen liefen über ihre Wangen.
    "Es tut mir so Leid..."

  • Es waren schon fast wieder zwei Monate vergangen, seit Bambis letztem Besuch im Café, der so abrupt geendet hatte. Dabei hatte er sich doch vorgenommen, öfters vorbeizuschauen. Als heute morgen sein neuer High-Speed Jäger fertiggestellt wurde, nahm er sich vor, damit als erstes zu Tierna zu fliegen.

    Als er am späteren Abend den Jäger im Hangar landete, strömte das Adrenalin noch beim kurzen Fussweg zum Café durch jede Ader seines Körpers. Vor der Tür atmete er nochmals tief durch, um seinen Puls zu beruhigen, bevor er eintrat. Nur wenige vereinsamte Gestalten sassen noch an den Tischen. Bambi war etwas spät dran, weshalb die meisten Gäste ihr Feierabendbier schon getrunken hatten und bereits wieder auf dem Heimweg waren. Bambi sah weder Tierna noch Marita, so setzte er sich an einen runden Tisch, von dem er die Tür zur Küche gut im Blick hatte. Er schnappte sich eine Karte, um sich etwas die Zeit zu vertreiben, während er wartete. Zwischendurch liess er seinen Blick über die wenigen Gäste schweifen, doch er schien niemanden zu kennen.

  • Das Café Andromeda war mittlerweile wieder aufgeräumt, die Scherben in der Küche beseitigt. Die Verwüstung, die dieser Unbekannte mit seiner Maske hinterlassen hatte, war äusserlich nicht mehr zu erkennen. Nur innerlich hatte er seine Spuren hinterlassen. Tiernas Vertrauen war zutiefst erschüttert, sie musterte nun jeden Neuen ganz genau, manchmal verlangte sie einen Ausweis, um ihn mit dem öffentlichen Personenregister abzugleichen. Ausserdem hatte sie einen neuen Wächter angestellt. Ein grimmig guckender Serrakin patrouillierte ab und zu um das Café herum, inspizierte die Ankömmlinge.
    Und jedes Mal, wenn jemand das Café betrat und die Tür aufschwangt, zuckte Tierna in Erwartung eines neuen Angriffs zusammen. Sie verstand immer noch nicht genau, was genau passiert war.
    In Gedanken versunken stand sie in der Küche und putzte die wenigen Gläser. Ironischerweise hatte der Angriff dazu geführt, dass vermehrt Leute ihr Café besuchten, wohl in der Hoffnung, selbst ein solches Spektakel beobachten zu können. Doch nun nahm die Besucherzahl langsam wieder ab...
    Eine fröhliche Melodie signalisierte ihr, dass ein neuer Besucher das Café betreten hatte. Ihr Herz klopfte wie immer - und sie wappnete sich.
    Sie trat aus der Küche
    und sah Bambi.
    Erleichtert atmete sie auf. "Bambi! Wie schön dich zu sehen!"
    Sie lief auf ihn zu, um ihn zu begrüssen.
    Sie wirkte erschöpft und abgekämpft, älter irgendwie. Die Erlebnisse hatten halt ihre Spuren hinterlassen.

  • Bambis Müdigkeit verflog in dem Moment, als er Tierna aus der Küchen kommen sah. Freudig begrüsste er die junge Cafébesitzerin. "Tierna! Wie schön dich zu sehen! Ich habe dich vermisst! Wie geht es dir? Du siehst sehr schwach aus... Ist alles in Ordnung?"

    Bambis Freude mischte sich mit Sorge. Er hatte die sonst immer so aufgestellte und fröhliche Tierna noch nie so gesehen. Sie erschien ihm fast ein wenig fremd. Bambi vermutete, dass der Angriff des Unbekannten auf Kaly bei ihr tiefere Spuren hinterlassen hatte, als er bisher angenommen hatte.

  • Tierna umarmte Bambi. "Es hat sich viel verändert, seit du das letzte Mal hier warst..." Sie deutete zur Türe "Ich habe nun Maurice angeheuert, ein Serrakin, er wird spüren, wenn von jemandem Gefahr droht" Sie setzte sich erschöpft hin. Sie versuchte seine Frage zu überhören und tippte eine kurze Nachricht auf ihrem Kommunikator und wendete sich dann wieder an Bambi. "Wo hast du dich denn herumgetrieben? Hast du irgendetwas über diesen seltsamen maskierten Typen herausgefunden?" Sie winkte Marita zu, damit sie ihnen Getränke bringen würde.

  • Bambi musterte Tierna nachdenklich. Dass sie sogar einen Wächter für ihr Café engagiert hatte, überraschte ihn doch sehr. Der bullige Serrakin, der in der anderen Ecke des Cafés stand und die Kundschaft musterte, war Bambi gar nicht aufgefallen. Er hoffte, dass Tierna sich wieder etwas fangen würde, wenn es hier nun eine Zeit lang ruhig bleibt.

    "Ich bin viel gereist in letzter Zeit. Der Maskierte war wie vom Erdbeben verschluckt. Und eine Entdeckung hat ihn ein wenig aus meinem Gedächtnis verdrängt. Ich bin während meiner Studie auf eine Legende gestossen, die mich nicht loslässt. Vielleicht hast du schon davon gehört. Ich bin in einem Buch über einen Satz gestolpert, der von einem vorgonischen Planetenstein berichtete. Ich hatte bis dahin noch nie von diesem Stein gehört, also forschte ich nach. Ich fand nur wenig in der grossen Bibliothek der Universität von Andromeda. Dies überraschte mich sehr, schliesslich besitzt die Universität das grösste Archiv der ganzen Galaxie. Ich fand allerdings Verweise auf weitere Quellen, die nicht im Besitz der Universität sind. Sie forschte ich Tage und Nächte und machte mich daran, diese Schriftstücke ausfindig zu machen. Ich reiste durch die halbe Galaxie, verbrachte Stunden in kleinen Archiven in der verstecktesten Winkeln der Sonnensysteme. Ich fand heraus, dass der Stein das letzte Überbleibsel des vorgonsichen Heimatplaneten sein soll. Ein Stein des Urplaneten! Kannst du dir das vorstellen, Tierna? Er gilt als das älteste Relikt der vorgonischen Kultur. Glaubt man den Legenden, besteht er aus Plutonit und ist mit kleinen, leuchtenden Azuriten gesprenkelt. Doch das faszinierendste an diesem Artefakt ist, dass er über magische Kräfte verfügen soll. Er soll in den ersten fünf Zeitaltern den vorgonischen Zaren enorme Kräfte verliehen haben, weshalb sie ihren Feinden so unglaublich überlegen gewesen sein sollen. Aber ich schweife ab! Zurück zu meinen Studien: Vor wenigen Tagen habe ich ein fünftausendjähriges Dokument entdeckt, dessen Inhalt den Aufenthaltsort des Steins verraten soll. Der Stein verschwand nämlich ab dem siebten Zeitalter spurlos. Nun mache ich mich daran den altvorgonischen Text zu übersetzen. Ich werde Ewigkeiten benötigen. Die Sprache ist schwer zu entziffern und der Text ist mehr als kryptisch. Heute bin ich fast verzweifelt ab einem einzigen Wort, deshalb brauchte ich dringend eine Pause und da fiel mir ein, dass ich dich ja öfters besuchen wollte. Und nun bin ich hier. Aber ich erzähl ja nur von mir! Hast du einen Moment Zeit? Dann spendiere ich dir einen Drink und du kannst mir erzählen, wie's dir so geht!" Bambi lächelte Tierna erwartungsvoll an und spielte mit seinem Pager in der Hand herum.

  • Nach Luft ringend kam Viper wieder zu sich. Sein Heimatplanet wurde letzte Nacht Opfer eines Raubangriffs. Unter Schmerzen raffte sich Viper auf. Er war sich langsam an nächtliche Übergriffe gewöhnt, doch dieses Mal hatte es ihn besonders heftig erwischt. Er klopfte den Staub so gut es ging von seiner lädierten Rüstung. Wut über seine eigene Dummheit überkam ihn. Er schrie laut auf und rammte seine geballte Faust gegen die Überreste einer Hausmauer. Er würde es wohl nie lernen... Nachdem er das Blut von seinen aufgeschürften Knöcheln getupft hatte, humpelte er langsam zu den Überresten seines Flottenbunkers. Ein kleiner Jäger schien noch intakt zu sein, so stieg Viper unter Schmerzen ins Cockpit, schaltete den Autopilot ein und versuchte sich so gut es ging zu entspannen. Um die Schmerzen zu Lindern, nahm Viper einen grossen Schluck aus seinem vergoldeten Flachmann. "Gesegnet sei der Erfinder des Autopiloten..."

    Als Viper wieder aufwachte, befand er sich bereits in einem Parkplatz vor Andromedas beliebtesten Ort: dem Café Andromeda. Nachdem er ausgestiegen war, betrachtete sich Viper in der Spiegelung auf seinem Jäger. Mit seiner zerkratzten Rüstung, seinem vom Kampf gezeichneten Gesicht und dem zerstrubbelten Haar war er nicht gerade herausgeputzt für einen Besuch in einem gemütlichen Café. Andererseits hatte er hier schon Kreaturen gesehen, die schlimmer aussahen und ändern konnte er jetzt auch nichts mehr. Nachdem er ein letztes Mal vergeblich versucht hatte, zumindest seine Haare ein wenig in Ordnung zu bringen, schleppte er sich in Richtung der Eingangstür.

    Nachdem er das Café betreten hatte, hielt Viper einen Moment inne und sah sich um. Wie immer herrschte reger Betrieb und niemand schien Viper zu bemerken. Langsam, bemüht sein Hinken zu kaschieren, begab er sich in eine ruhigere Ecke des Cafés und liess sich in den Sessel fallen. Ein leises Stöhnen entwich seinen Mund. "So alt bin ich nun auch noch nicht...", dachte sich Viper, als er zur Speisekarte griff und sein Gesicht hinter ihr verbarg.

  • Die Sternbilder am Himmel faszinierten sie jedes Mal aufs Neue. Tierna stand vor ihrem Café Andromeda und starrte auf die funkelnden Punkte in der Dunkelheit. Ihr war eine kurze Pause vergönnt - der letzte Gast war soeben in sein Raumschiff gestiegen - ein aufgepimpter Europa Fighter, blau lackiert, mit gelben Blitzen, und einem röhrenden Auspuff - und davon geflogen. Soeben verschwanden seine Rücklichter im Nachthimmel und gesellten sich zu seinen Brüder und Schwestern, die strahlend vor sich hin blinkten. Sie atmete tief ein und aus. Die Luft war noch etwas durchzogen von verbranntem Tritium, doch spürte sie auch einen Hauch der Mondblume, die zu dieser Jahreszeit in der grössten Blüte stand.
    Während sie noch ihren Gedanken nachhing und in die Weite des Alls sah, tauchte am Horizont ein roter Schweif auf. Kein Raumschiff - ein Blutkomet. Tierna erschauderte - das konnte nichts Gutes bedeuten. Beim letzten Blutkomet brach der grösste Krieg der Galaxie aus. Zwei Allianzen wollten die Gesamtherrschaft über die Galaxie - es war ein Gemetzel und viele Milliarden steuerten ihre Raumschiffe in den Tod. Ihr Café war zum Glück verschont geblieben, da sie seit jeher die Neutralität wahrte und diese neutrale Zone ihres kleinen Planeten respektiert wurde. Einmal war ihr Café sogar für Friedensverhandlungen ausgewählt worden! Doch seither waren viele Monde vergangen. Ihr Café war in Vergessenheit geraten und nicht mehr so belebt wie früher. Sie seufzte und blickte weiter auf den feuerrotglühenden Kometen und den blutroten Schweif, den er hinter sich herzog. Langsam zog er über den Himmel. Tierna ging rückwärts zurück in ihr Café, die Augen starr auf das fesselnde Rot gerichtet. Sie schlug die Tür zu, nickte ihren Bediensteten zu und zog sich in ihre Kammer zurück, wo sie mit ihrer Fernsprechanlage online ging. Das visuelle Interface - eine sympathische Dame - fragte "Sie wünschen?". "Verbinden Sie mich mit Kommandant Narikeg, eine wichtige Berichtserstattung." Es dauerte eine kurze Weile, eine langweilige Wartemelodie zog sich in Schlaufen um ihre Ohren. Da erschien Narikeg in der visuellen Übertragung. "Tierna, ich hatte Ihren Anruf bereits erwartet…" "An meinem Café zog gerade ein Blutkomet vorbei. Sie wissen, was dies bedeutet?" Sein Bild nickte. "Meine Sternwissenschaftler haben Berechnungen angestellt, die Schlimmes verheissen - der Blutkomet war das letzte Zeichen, das zur Bestätigung gefehlt hatte." Tierna biss sich auf die Lippen, während Narikeg weiterredete. "Können Sie mir die genaue Sternenzeit nennen, zu der Sie den Blutkometen gesichtet haben?" Tierna schüttelte den Kopf. "Dazu muss ich zuerst meine biometrischen Daten prüfen, dort wird die Zeit verzeichnet sein, als mein Herz stolperte. Ich werde Ihnen die Daten umgehend senden." Ihre Hand fasste das uhrähnliche Band an ihrem Handgelenk und mit wenigen Griffen hatte sie die gewünschten Daten auf dem Bildschirm. Mit einem Wischen wurden die Daten übermittelt. Auch das visuelle Bild Narikegs machte einige Wischbewegungen, wohl um die Daten weiterzuleiten. "Sternzeit 201.51.2.18" flimmerte kurz auf. Narikegs Stimme erklang wieder "Wir werden ausgehend von diesen Daten den Zeitpunkt des Ereignisses berechnen. Vielleicht schaffe ich es davor noch einmal ins Café… Doch zunächst muss ich alle nötigen Vorbereitungen treffen!" Tierna nickte: "Und vielleicht haben wir die Zeichen rechtzeitig erkannt, um Schlimmeres zu verhindern." Der Kontakt wurde unterbrochen und das visuelle Interface wartete auf neue Anweisungen. "Öffnen Sie eine Verbindung zu Kommandeur Akish." Wieder ertönte eine Wartemelodie, dieses Mal eine andere. Einige Augenblicke später blickte sie in das virtuelle Bild Akishs. "Seid gegrüsst, Tierna, was haben Sie zu berichten?" "Ich nehme an, Ihre Sternenforscher haben Ihnen bereits die verheerenden Zeichen gezeigt? Der Blutkomet ist aufgetaucht. Ich übermittle Ihnen die exakten Daten der ersten Sichtung." Wieder übermittelte sie die Sternzeit. Akish nickte. "Wir sind bereits in den ersten Vorbereitungen." Tierna seufzte. "Ihr seid immer in meinem Café willkommen. Vielleicht kann Schlimmeres verhindert werden, wenn rechtzeitig eingegriffen wird". Mit einem Nicken verabschiedete sich Akish. Tierna fragte sich, ob sie gerade Schleichwerbung für ihr Café gemacht hatte. Doch eigentlich ging es ihr doch nur darum, Frieden im Universum zu wahren… Sie vertraute darauf, dass die zwei Herrscher die richtigen Entscheidungen trafen und so auf das kommende Ereignis reagieren würde, dass die Galaxie in Sicherheit war. Sie wusste nur zu genau, dass es viel einfacher war, Krieg zu führen und alles in Schutt und Asche zu jagen, als fein säuberlich strategisch über den neuen Frieden zu verhandeln, ohne böse Worte, ohne Emotionen.


    Ein Summen riss sie aus ihren Überlegungen. Ihr visuelles Interface meldete "General Senluc will Sie sprechen." "Durchstellen!" Ein freundliches Gesicht mit müden Augen lächelte ihr entgegen. "Tierna… Da haben Sie sich etwas Schönes eingebrockt mit Ihrer neutralen Zone… Kommandant Narikeg und Kommandeur Akish haben soeben ihre Flotten in Verteidigungsstellung gebracht. Beide halten mich auf dem Laufenden über die Berechnungen… Der Zeitraum wurde auf Sternzeit 201.60.X.XX eingegrenzt. Vielleicht ist davor noch Zeit für ein kühles Blondes im Café Andromeda. Können Sie uns die Lounge reservieren?" "Selbstverständlich, General Senluc! Gut, dass Sie die Kontrolle und den Überblick noch bewahren. Die Lounge wird hergerichtet, Getränke und Snacks stehen bereit."


    Erschöpft setzte sich Tierna nun hin. Diplomatie war anstrengend. Doch wenn damit ein grosser Krieg verhindert werden konnte, war es dies allemal wert.

  • Die Tage kamen und gingen, die Zeit rann Tierna durch die Finger; sie wollte doch noch so viel tun!
    Ihr Café hatte zum Beispiel dringend einige Renovationsarbeiten nötig. Das Aussehen musste mal wieder aufgewertet werden. Da und dort blätterte Farbe ab.
    Die Speisekarten waren etwas zerfleddert, die Tresen waren von Löchern übersät (Die Kundschaft konnte es einfach nicht lassen, ihre altmodischen Zigaretten am Tresen auszudrücken oder ihr Glas so heftig auf den Tresen zu stellen, dass es eine Einkerbung gab)... Tierna hatte alle Hände voll zu tun. Natürlich durfte dabei die Gastwirtschaft nicht zu kurz kommen. Nach wie vor kamen immer mal wieder Leute bei ihr vorbei, mit denen sie einen kurzen Schwatz hielt und sich über neue Ereignisse im Universum unterhielt.

    So plauderte sie mit einem hübschen, jungen Terraner, der ihr Herz bei ihr ausschüttete.
    Sie plauderte mit einem hübschen, älteren Terraner, bei dem sie ihr Herz ausschüttete.
    Sie lachte mit einem Vorgonen über die lustigen Zufälle des Lebens, spielte eine Runde MagBlast gegen einen Centauri, trank um die Wette mit einem Orioner...

    Und so vergingen die Tage. Und Tierna blickte sehnsüchtig in die Ferne und fragte sich, wie ihr Leben wohl in zehn Jahren aussehen würde...

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