Dunkle Ahnungen

  • Ainavel oder Avel, wie sie oft genannt wurde, hatte von den Gerüchten gehört. Das Weltenschiff soll verschwunden sein.
    Es war ihr, als löse sich die Welt vor ihren Augen auf - als würde die Galaxie aufgefressen, als würde sie allmählich verschwinden.


    Avel konnte nicht mehr schlafen. Sie fürchtete sich. Sie hatte Angst, dass sie eines Tages aufwachen würde - und nichts mehr da wäre.
    Keine Sonnen, die am Morgen über den Planeten wanderten und abends wieder untergingen,
    Keine Monde und keine Sterne, die des Nachts am Himmel erstrahlten.
    Die Müdigkeit sass bald in all ihren Knochen. Es fiel ihr immer schwerer, die Augen offen zu behalten und sich zu konzentrieren.
    Das Leben floss in diesen Tagen an ihr vorbei.


    Bald konnte sie auch ihre Gefühle nicht mehr unter Kontrolle halten. Immer wieder brach sie verzweifelt in Tränen aus -
    Was soll denn aus ihr werden, wenn ihre gewohnte Welt eines Tages nicht mehr da war??


    Sie starrte immer wieder in den Himmel - und es war ihr, als würde Nacht mehr Sterne auslöschen,
    langsam... Aber stetig. Immer mehr. Immer schneller.
    Panik breitete sich in ihrem Herzen aus.
    Die kleine Avel rannte über ihren Planeten, umkreiste ihn, um zu sehen, ob auch bei ihr schon etwas im Begriff war zu verschwinden.
    Doch bisher war alles noch am gewohnten Platz. Ihr Lieblingsbaum, ein andorianischer Eichenbaum, war noch am gewohnten Platz.
    Sie zählte jedes Blatt am Baum. Und das jeden Tag.


    Einmal dachte sie, sie würde auf ihrem andorianischen Planeten einen cardassianischen Springhamster sehen -
    Der Hamster hüpfte von Stein zu Stein und schien sie anzustarren. Böse funkelten die kleinen Äuglein.
    Avel blinzelte erschrocken und als sie noch einmal hinschaute, war der Hamster weg...


    Verwirrt vertrieb sie die aufsteigenden Gedanken - sie wollte nicht glauben, dass dies nur Halluzinationen waren,
    hervorgerufen durch die Schlaflosigkeit... Doch klar denken konnte sie nicht mehr.


    Als eines Tages ein fremder Europa Fighter auf ihrem Planten landete, begriff sie nicht, was geschah.
    Ihren Verbündeten, YLak, erkannte sie nicht, als er aus dem Raumschiff stieg.
    Sie dachte, nun wären ihre Tage gezählt.


  • Er musste sie aufsuchen. Um die Gerüchte zu überprüfen war Chang bereits vor 2 Wochen aufgebrochen um die Weiten des Universums zu untersuchen.
    Vorgestern Abend war der Kontakt zu ihm abgebrochen. Eine tiefe Trauer breitete sich erneut in Ylak aus. "Ach Quatsch, das ist Chang, er ist wie Unkraut." schalt er sich und blickte erneut aus seinem Europa Fighter.


    "Ein Asteroiden-Feld ist direkt vor uns, haltet euch fest das kann etwas holprig werden." warnte ihn die Stimme des Piloten. Gedankenverloren nickte Ylak nur und stellte sein Glas mit Wasser in die dafür vorgesehene Halterung.


    Der grün-blaue Planet wurde immer größer. "Landung in 3 Minuten. Bisher jedoch kein Lebenszeichen." besorgt schaute Ylak auf. Das durfte nicht sein... Sollte am Ende bereits... Nein. Er schüttelte energisch den Kopf. "Wir werden landen, auch wenn es keine Erlaubnis gibt. Doch bleibt wachsam!" unterichtete er den Piloten und seine Leibwache. Ein kräftiger Schlag auf die Brust war deren Antwort.


    Das Gras leuchtete wie eh und je. Alles schien unversehrt. Trotzdem lag eine bedrückende Stille in der Luft, als die Tür des Fighters aufging und Ylak vorsichtig hinaustrat.
    Die Athmosphäre war nicht verseucht und sonst hatten die Instrumente auch keine Gefahren angezeigt.


    In weiter Entfernung erblickte er eine einsame Gestalt. Ylak's Herz machte einen Sprung. "Bitte lass es sie sein." schickte er ein Stoßgebet gen Himmel. Die Warnrufe seiner Leibwächter ignorierend lief er los.

  • Sie war wie erstarrt. Ihr Blick war teilnahmslos in die Ferne gerichtet. Sie zeigte keine Regung.
    Das Universum schien sich um sie herum aufzulösen und es war nicht aufzuhalten.
    Auch wenn sie äusserlich wie tot wirkte, so rasten ihre Gedanken unaufhaltsam umher,
    kreisten immer wieder um den gleichen Punkt, schweiften erneut weg und kamen noch verwirrter zurück.
    Ihre Müdigkeit verunmöglichte es, ihre Wahrnehmungen mit irgendwelchen logischen Schlussfolgerungen zu verknüpfen.
    Das einzige, dessen sie sich sicher war, war ihr nahender Untergang.


    Als sich eine warme Hand auf ihren Arm legte, zuckte sie erschrocken zusammen -
    riss ihren Blick aus der Leere zurück ins Hier und Jetzt.
    Ihre Augen weiteten sich, als sie Ylak vor sich stehen sah, doch ihr Verstand begriff noch nicht.
    Erst als sich auch seine zweite Hand auf ihren anderen Arm legte,
    er direkt vor ihr stand und leicht an ihr rüttelte,
    nahm sie den sanften und besorgten Blick aus seinen Augen wahr
    und hörte - aus der Ferne - leise die Worte "Wach auf, Avel, komm zurück".
    Er wirkte irgendwie erleichtert - wenn sie es denn trotz ihrer Erschöpfung richtig einschätzen konnte.
    Sie erwiderte nun seinen Blick und versuchte zum Sprechen anzusetzen, doch ihr Mund war wie eingetrocknet.
    Sie wusste nicht, wie lange sie da schon gestanden hatte.
    Tränen traten in ihre Augen und sie deutete auf den Himmel.


    Es dämmerte allmählich. Doch die vielen Sterne, die sonst so zahlreich am Firmament schimmerten, fehlten.
    Da und dort leuchtete noch vereinzelt ein Stern, doch wurde ihre Anzahl immer geringer und auch jetzt konnte man beinahe zusehen,
    wie immer mehr Sterne ihr Licht verloren und die Nacht immer dunkler wurde.


    Endlich hatte sie vollständig zurück in die Gegenwart gefunden.
    Ihre Worte hatten ebenfalls den Weg zu den Muskeln ihrer Stimmorgane gefunden und ihre Lippen bewegten sich beinahe mechanisch.
    "Wir sind verloren! Wir sind dem Untergang geweiht."
    Und mit gebrochener Stimme, die all ihre Hoffnung verloren hatte, fügte sie hinzu:
    "Und wir können nichts dagegen tun."

  • Eine große Erleichterung machte sich in ihm breit, als er sie erkannte. Im selben Augenblick jedoch stutzte er. Sie schien ihn nicht bemerkt zu haben, obwohl er sich keine Mühe gemacht hatte seine Anwesenheit zu verbergen.
    Nicht mehr weit von ihr entfernt , rief er vorsichtig ihren Namen. Doch sie schien wie aus Stein gemeißelt. Nur ihre Haare bewegten sich leicht im Wind. Ein Frösteln lief ihm über den Rücken. Nein das durfte nicht sein, sollte sie... Energisch wischte er den Gedanken beiseite und legte die letzten Meter mit ein paar Schritten zurück.
    Im Hintergrund hörte er wie seine Leibwächter in angemessener Entfernung unschlüssig Halt machten.
    "Avel? Was ist los?" Ihr Blick schien durch ihn durch zu gehen und sich im Nichts zu verlieren. Vorsichtig streckte er seine Hand aus. "Hey, was ist passiert?" Ein Zucken durchfuhr ihren Körper als er ihren Arm berührte und sie blickte ihn verstört an. Ein Stein fiel ihm vom Herzen. "Wach auf, Avel, komm zurück." Erleichtert bemerkte er wie sie sich langsam regte. Sie hob ihren Arm und Tränen liefen über ihre Wangen.
    "Wir sind verloren! Wir sind dem Untergang geweiht." hörte er ihre Stimme. Verstört blickte er hinauf. Erst in diesem Augenblick bemerkte Ylak das Verblassen der Sterne. Avel's Stimme rief ihn in die Gegenwart zurück. "Und wir können nichts dagegen tun." Erschrocken blickte er sie an. "Was ist mit dir los Avel? Das hier ist nicht das Ende. Das Ende kommt schmerzlos und schnell, das hier ist nur eine Katastrophe, die wir überstehen werden. In einem Jahr werden wir zurückdenken und darüber lächeln, wie einfach doch alles war." Erst jetzt bemerkte er, wie sie zitterte. Rasch legte er ihr seine Jacke um und blickte zu seinen Leibwächtern. Erleichtert nickten sie und begaben sich zurück zum Raumschiff.
    Währenddessen war es bereits dunkel geworden . "Als hätte die Nacht ein Eigenleben." dachte Ylak kurz, bevor er zu Avel blickte. Ihr Blick war wieder gedankenverloren zu den verbliebenen Sternen gerichtet. Sanft legte er den Arm um sie. "Komm, lass uns versuchen etwas dagegen zu unternehmen, was meinst du?" versuchte er sie zu ermutigen. "Aber erstmal sollten wir besser zum Raumschiff gehen, hier draußen fangen wir uns am Ende nur eine Erkältung ein. Der Mondbeerensaft sollte nun auch fertig sein."
    Er lächelte ihr zu als sich ihr Blick ihm zuwandte. Ein leichtes Lächeln huschte über ihr Gesicht, während sie sich umdrehte und in Richtung des hell erleuchteten Raumschiffes ging.


    Als er dort angekommen war, hatte Avel bereits eine Tasse dampfenden Mondbeerensaft in den Händen und ihr Lächeln war bereits breiter als vor ein paar Augenblicken. Froh nahm Ylak die ihm angebotene Tasse und setzte sich. "Chang hatte mir vor ein paar Tagen erzählt, dass es ein Zentrum für dieses Problem geben muss. Leider hab ich seit vorgestern nichts mehr von ihm gehört." traurig blickte Ylak aus dem Fenster in die Finsternis.

  • Avel umklammerte die Tasse des heissen Mondbeerensaft krampfhaft mit beiden Händen und lächtelte Ylak dankbar zu.
    Ihre Finger waren eiskalt - beinahe eingefroren - und es fiel ihr etwas schwer, die Tasse so zu halten, dass sie ihr nicht zu Boden glitt.
    Sie nippte vorsichtig an der Tasse und spürte, wie der heisse Saft ihre Kehle hinunter rann und langsam etwas Energie in ihre müden Knochen zurückkehrte.


    Natürlich erkannte sie sofort, dass es der Mondbeerensaft des Café Andromedas sein musste - nur Tierna züchtete die Beeren so,
    dass sich die Süsse des Geschmacks zu einem Maximum entfalten konnte - und sie erntete sie immer zum richtigen Zeitpunkt.
    Doch diesen Saft gab es nur im Café Andromeda. Tierna handelte nicht damit.
    Avel wunderte sich, wie Ylak diesen Saft auftreiben konnte. Und wie konnte er wissen, dass es ihr Lieblingsgetränk war?
    Sie schüttelte verwirrt den Kopf und verjagte ihre Gedanken - Es gab nun Wichtigeres, dass sie besprechen mussten.
    Vorsichtig stellte sie die Tasse wieder zurück auf das Tischchen vor ihr.


    Sie räusperte sich und blickte Ylak in die Augen, denn eine andere, viel dringlichere Frage geisterte ihr durch den Kopf:
    "Ylak - wie kannst du dir nur so sicher sein, dass dies nur eine Katastrophe ist und nicht das Ende?
    Die Zeichen deuten auf etwas ganz anderes. In den Schriften steht geschrieben, dass das Ende naht, wenn die Sterne ihr Licht verlieren. Genau dies passiert -
    und es ist nur eine Frage der Zeit, bis alles ausgelöscht wurde, und bis diese Galaxie nicht mehr existiert."


    Sie schnappte nach Luft, denn sie hatte ziemlich schnell geredet. Ihr Herz klopfte wie wild.
    Die Panik machte sich nun wieder bemerkbar, nachdem sie sich zunächst in Ylaks Nähe einiges sicherer gefühlt hatte, als ganz alleine auf ihrem Planeten.
    Doch jetzt, wo sie all ihre Gedanken aussprechen konnte, war es schwierig, ihre Zunge zu zügeln.
    Vor ihrem inneren Auge spielte sich der Untergang des Universums ab.


    Sie griff nach Ylaks Hand und bemerkte dabei, wie ihre eigenen Hände zitterten..

  • Die Antwort schoss ihm durch den Kopf, doch konnte er ihr das nicht sagen. Er blickte zu seinen Wächtern, welche sich regungslos zu den Seiten der Tür postiert hatten.
    Kaum merklich nickten sie, gingen hinaus und schlossen die Tür hinter sich. Ylak atmete tief ein und blickte erneut zu Avel. Ihre Hand griff nach der seinen. "Wie lange sie wohl draußen in der Kälte gestanden hatte?", fragte er sich, als er ihre klamme Hand fest umschloss.


    Ihre Augen ruhten noch immer auf ihm, als er endlich die richtigen Worte fand. "Ja, ich habe davon gelesen. Und Chang hatte mir auch gesagt, dass dies das Ende sein muss, etwas Vergleichbares habe er noch nie gesehen. Doch nicht jeder weiß das und so sollte es auch besser bleiben, bis wir die Lage etwas genauer einschätzen können. Ich möchte keine Anarchie in meinem Imperium."


    Nach einer kurzen Weile stand er auf. "Es ist spät, wir sollten uns ausruhen. Morgen können wir dann die nächsten Schritte planen, was meinst du?" Er ging zur Tür, öffnete sie und blickte zurück. Avel saß noch immer an ihrem Platz, doch langsam sackte ihr Kopf auf den Tisch und tiefe Atemzüge verrieten Ylak dass die junge Andorianerin bereits eingeschlafen war. Auch wenn die nahende Katastrophe nicht zum Lachen war, konnte Ylak ein kleines Schmunzeln nicht unterdrücken, während er wieder zurück ging. Vorsichtig schob er den Tisch ein wenig zur Seite, beugte sich runter und hob sie behutsam hoch. Ihren Kopf an seiner Schulter liegend verließ er den Raum und ging den schmalen Gang hinunter zu dem für sie eingerichteten Gästezimmer. Mit seinem Ellenbogen drückte er die Klinke herunter, stiess die Tür auf und betrat den Raum. Sanft legte er sie aufs Bett und deckte sie zu, bevor er leise die Tür hinter sich schloss. Kurz innehaltend überlegte er kurz, entfernte sich dann jedoch mit schnellen Schritten. Er gab den Wachen den Befehl, ihn morgen zum Sonnenaufgang zu wecken, und betrat sein Zimmer.


    Nachdem er das Licht gelöscht hatte, legte er sich hin und blickte an die Decke. Es war stockdunkel im Zimmer und er war alleine. Es konnte niemand hier sein außer ihm und doch hatte er das Gefühl als wäre eine weitere Person oder irgendetwas im selben Raum. Verwirrt setzte er sich auf und schaltete das Licht an, nur um ein leeres Zimmer zu sehen. "Diese ganze Sache nimmt mich doch etwas zu sehr mit", dachte er sich. Genervt nahm er eine kleine Kapsel aus der Schublade neben ihm und löschte das Licht. Keine zwei Sekunden später fiel er in einen tiefen dunklen Schlaf.


    Er kannte diesen Raum. Er wusste, dass er nicht zum ersten Mal hier war. Und doch konnte er sich nicht entsinnen, wo er war, geschweige denn, wann er hier gewesen war. Er runzelte die Stirn und versuchte sich zu erinnern.
    "Hallo Ylak." Die Stimme ließ ihn erschrocken aufblicken. Eine Gestalt kam auf ihn zu. Im düsteren Licht konnte er das Gesicht nicht erkennen, doch er kannte diese Stimme. Er hätte sie aus tausenden heraushören können. Es war Chang. Sein Freund, sein Mentor.
    "Chang, wie geht es dir, wo sind wir hier?" erfreut lief Ylak auf Chang zu. Dann stockte er plötzlich. Ein Schauer lief ihm über den Rücken. "Irgendwas läuft hier ganz gewaltig falsch", schoss ihm durch den Kopf, als er die Person vor ihm musterte, welche nicht Chang zu sein schien.
    "Du erkennst mich nicht oder Ylak?", müde grinste ihn der Mann an, "Du erinnerst dich wahrscheinlich nicht mal an diesen Ort oder?"
    Erschrocken wich Ylak ein paar Schritte zurück. "Was soll das Chang? Was ist hier los?"
    "Ylak, was war vor etwa drei Jahren? Du warst in der selben Situation wie jetzt. Du hast das Imperium in den Ruin getrieben, weil du meintest, du wüsstest es besser. Und nun sollen wir dir wieder helfen?"
    Verdutzt blickte Ylak seinen einstigen General an. "Wovon sprichst du? Ich verstehe nicht." "Weisst du nicht mehr, was damals war, vor etwa 3 Jahren? Du standest hier. Du wusstest genau, was los war und meintest du wollest eine weitere Chance. Du würdest es hinbekommen. Das Imperium, welches durch deine eigene Sturheit zuerstört wurde, würdest du zurück an die Spitze führen können. Damals hast du noch eine Chance bekommen. Doch nun.." Chang holte tief Luft. "Es wird nicht funktionieren, gib auf. Manche Sachen sollen einfach nicht sein, versuch nicht den Lauf der Dinge so zu drehen, wie du es gerne hättest."
    Wütend funkelten Ylaks Augen auf. "Du hast doch keine Ahnung worum es hier geht. Du hast schon immer die Hoffnung sofort aufgegeben, wenn es darum ging etwas zu wagen, weißt du nicht?"
    Traurig blickte Chang auf. "Nein Ylak. Ich habe deinen Übereifer gebremst, damit du nicht aus deiner Bahn geschleudert wirst. Doch Hoffnung, in diesem Fall?" Er schüttelte den Kopf. "Die Galaxie wird sterben. So steht es in den alten Schriften.Du wirst sie nicht retten können, dafür braucht es ganz andere Kräfte als dir zur Verfügung stehen mein Freund." "Schweig." Nur mühsam hielt Ylak seine Stimme unter Kontrolle. "Ich weiß was in den Schriften steht, Chang. Doch ich werde die Hoffnung nicht aufgeben und sollte es das Letzte sein was ich tue. Wenn du das nicht akzeptieren kannst, dann geh. Hinfort mit dir!", rief er dem General ins Gesicht. Dieser verstummte und blickte ihn eine Weile an. Dann nickte er ruhig und drehte sich um. "Ich geb die Hoffnung nicht auf, Ylak. Doch meine Arbeit hier scheint getan. Leb wohl."

    Die Worte hallten noch in seinem Kopf nach, als er schweißgebadet aufwachte. Zitternd stand er auf und verließ leise das Schiff, um etwas frische Luft zu schnappen.

  • Als Ainavel wieder zu sich kam, war alles um sie herum dunkel.
    Die Schwärze frass sich in ihre Augen - es war unmöglich auch nur irgendetwas zu erkennen.
    Sie schrie.
    Der Schrei zerriss beinahe ihr eigenes Trommelfell.
    Es war ein Schrei, der all die Urängste eines Menschen offenbarte und durch Mark und Knochen ging.
    Die Todesangst, die sie ausstehen musste, verunmöglichten es ihr, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.


    Sie war davon überzeugt, dass ihr Ende nun gekommen war.
    Die Katastrophe hatte alles um sie herum ins Nichts gezogen, hatte alles ausgelöscht.
    Das weiche Bett, in dem sie lag, nahm sie nicht wahr. Die warme Decke, die sie zudeckte, spürte sie nicht.
    Ihr Blick konnte die Schwärze nicht durchdringen.


    Erneut schrie sie.
    „YLAAAAAAAAK!!!!!“
    Die Dunkelheit kroch in ihr Herz und lähmte sie, während die Verzweiflung des Schreis noch immer nachhallte.


    Plötzlich flog die Tür mit einem lauten Knall auf und die Wände erzitterten durch den heftigen Aufprall.
    Ein Wächter Ylaks stürzte in den Raum – die Laserwaffe feuerbereit,
    während Avel von der brutalen Helligkeit des grellen Neonlichts, das durch die Türe einströmte, so geblendet wurde,
    dass sie erschrocken und reflexartig aus dem Bett sprang.

  • Er biss die Zähne zusammen. Die Kälte umschloss ihn und es war, als würden tausende Nadeln durch seine Haut gejagt. "Ich hätte mir vielleicht meinen Mantel mitnehmen sollen." dachte er sich, als er die Stufen hinuntersprang. Der eisige Wind zerrte an seinem Hemd und beinahe wäre er wieder zurück in das Wärme des Schiffes geflüchtet doch die Stimme Changs schoss ihm ein weiteres Mal durch den Kopf. Wütend ballte er seine Hände zu Fäusten und blickte in den Himmel. Langsam lief er los.
    Erst im letzten Augenblick bemerkte er den majestätischen Stamm des andorianischer Eichenbaumes und blieb stehen. Selbst der starke Wind konnte ihn nicht erschüttern. In Gedanken versunken blickte er in die Baumkrone hinauf. Nur das Rauschen der Blätter umgab ihn. Nach einer Weile streckte er vorsichtig die Hand aus und strich über die raue Rinde. In dem Moment schoss es wie Feuer durch ihn hindurch. Erschrocken sprang er zurück. Der Wind hatte sich gelegt und plötzlich merkte Ylak dass er am ganzen Körper zitterte.
    Doch als wäre das nicht genug, zeriss plötzlich ein Schrei die Stille. Verstört blickte er sich um, konnte aber niemanden entdecken. Tief in seinem Inneren wusste er bereits, dass er diesen Schrei nicht gehört haben konnte. Verwirrt machte er erneut einen Schritt zu dem Baum und streckte vorsichtig die Hand aus. Im selben Augenblick wie seine Fingerspitzen den Baum berührten durchschoss ihn ein weiterer Schrei.
    Er begann zu rennen. Ohne zu verstehen, wie das möglich war, wusste er dass Avel in Gefahr war. Die eiskalte Luft schmerzte in seiner Lunge doch darauf konnte er keine Rücksicht nehmen.


    „YLAAAAAAAAK!!!!!“ Ihre Stimme schlug ihm entgegen, als er die Tür des Raumschiffes aufriss, und jagte ihm einen Schauer über den Rücken.
    Ylak rannte den Gang hinunter. Als er die aufgebrochene Tür sah, setzte sein Herz für einen Augenblick aus, beruhigte sich jedoch etwas, als er eine seiner Wachen mit gezücker Waffe und Avel sah, welche aufgeschreckt mitten im Zimmer stand. Ihre Augen waren vor Schrecken geweitet und ihr sonst so ordentliches Haar war zerzaust.
    Er musste seinen Blick von ihr abwendend, und bemerkte, dass ihn die Wache unschlüssig anblickte. Er senkte den Kopf, um ihm zu signalisieren, dass er nun gehen könne. Dankbar nahm dieser das Nicken zur Kenntnis und verliess den Raum.
    Ylak ging behutsam auf Avel zu, nahm sie am Arm und setzte sie aufs Bett. Sie war kreidebleich und sah aus, als würde sie jeden Moment umkippen. Er liess sich neben sie fallen und legte beschützend einen Arm um ihre Schultern. "Was ist passiert, Avel?"

  • Ein Schaudern ging durch ihren Körper, als Avel die eiskalte Hand Ylaks auf ihrer Schulter ruhen spürte. Doch Ylak hatte einen so beruhigenden Effekt auf sie, dass sich ihr Atem langsam normalisierte und sie wieder zu Sinnen kam. Langsam färbten sich ihre Wangen wieder etwas rosa.
    Auf Ylaks Frage hin schüttelte sie den Kopf, als wollte sie sich nicht wieder an diese schrecklichen Gefühle erinnern. Sie riss sich zusammen, doch die Erinnerungen an ihre Angst riefen eine solche Beklemmung hervor, dass sie stotterte. "E-es... I-ich. Also. Ich bin aufgewacht. Und a-a-lles war dunkel. Ich wusste nicht mehr, wo ich bin, und ich dachte, d-d-ie Dunkelheit hätte mich aufgesogen, i-ich dachte, die Katastrophe hätte uns erreicht, und..." Sie schlug die Augen nieder und legte ihren Kopf auf Ylaks Schulter und sprach mit einer sehr ruhigen, fast entrückten Stimme weiter. "Ich dachte, ich wäre tot. Das Nichts hätte meine Existenz ausgelöscht."
    Noch bevor Ylak eine Strähne ihres Haars, die ihr ins Gesicht gefallen war, zur Seite streichen konnte, sprang sie auf. Die innere Unruhe hatte sie gepackt. Nervös ging sie auf und ab.
    Dieses Erlebnis war wie eine Warnung für sie. Es hatte ihr Adrenalin in die Adern gepumpt und nachdem sie den Schock nun abgeschüttelt hatte, konnte sie plötzlich wieder ganz klar denken.
    Vermutlich hatte auch der Schlaf dazu beigetragen, ihre Gehirnzellen zu reaktivieren. Lange genug hatte sie kein Auge mehr zugetan und damit ihr Denken gelähmt. Nun konnte sie sich beinahe nicht mehr bremsen, ihre Gedanken rasten.
    "Wir müssen das irgendwie aufhalten. Wir müssen eine Lösung finden.“
    Die Erkenntnis traf sie fast wie ein Schlag. Sie blieb kurz stehen und rief aus:
    „Und ich weiss, wer uns dabei helfen kann!!"
    Sie schritt weiter aufgeregt von einer Ecke des Zimmers zur anderen, redete vor sich hin.
    "Wieso bin ich da nicht schon viel länger darauf gekommen...? Natürlich, der Schlafmangel.
    Aber es hätte mir viel früher in den Sinn kommen müssen."
    Als sie sich bewusst wurde, dass Ylak sie verwirrt anstarrte, setzte sie sich wieder aufs Bett, ergriff seine Hände und holte tief Luft, bevor sie zu einem weiteren Redeschwall ansetzte.
    "Es gibt da jemanden, der uns weiterhelfen wird. Er ist der Beste auf seinem Gebiet und weiss immer eine Lösung! Er ist ein bisschen wie ein verrückter Techniker. Aber wenn einer mit Zahlen jonglieren kann und Berechnungen anstellen kann, dann er."
    Ihre Augen leuchteten nun vor Tatendrang. Von der kleinen, verletzbaren Avel, die noch bis vor kurzem Todesängste ausgestanden hatte, war nichts mehr zu sehen.
    Feurig redete sie auf Ylak ein.
    "Ich rede von Regit Lous. Er ist ein alter Freund und Nachbar von mir. Mit Sicherheit hat er die Zeichen und Sternenkonstellationen bereits beobachtet, fein säuberlich in seinem Heft notiert. Er kann uns garantiert sagen, wie schnell diese Zerstörung der Galaxie voranschreitet und in welcher Geschwindigkeit sie auf uns zu schreitet. Dann wissen wir, wie viel Zeit uns noch bleibt. Und vielleicht schaffen wir es ja, die Katastrophe aufzuhalten oder sie hinauszuzögern. Oder vielleicht weiss Regit bereits, wie wir dem Untergang entkommen können. Bisher hatte er in jeder Situation sein Heft griffbereit und konnte anhand seinen Notizen eine Lösung darlegen.“
    Ein herzhaftes Gähnen unterbrach ihren Eifer. Es schien, als hätte diese Rede all ihre Energie gekostet. Die Müdigkeit machte sich bemerkbar und liess ihre Augenlider ganz schwer werden. Ihr Kopf sank zurück auf Ylaks Schulter.
    -
    Ylak schmunzelte. "Das klingt doch schonmal nach einem guten Plan. Am besten brechen wir sofort auf, was meinst du?" Avel nickte müde. "Und du legst dich nochmal hin und versuchst etwas zu schlafen ja?"
    Er stand auf und hob die Decke vom Boden auf.
    Nachdem er sie Avel gereicht hatte, ging er zur Tür.
    "Schlaf gut, Avel, ich werd dich wecken, wenn wir angekommen sind."

  • "Wir fliegen los. Nehmt Kurs auf den Wohnsitz von Riget Lous." Die Piloten nickten, und begaben sich auf ihre Plätze. Ylak lies sich auf einem der Stühle nieder und blickte in durch das Fenster hinaus. Es dämmerte bereits und die Strahlen der Sonne erwärmten den Planeten. Gedankenverloren betrachtete Ylak die andorianische Eiche, bis sie der Planet aus seinem Blickfeld verschwand. "Was war das eigentlich vorhin. Dieser Schlag, was um alles in der Welt ist da passiert?" grübelte er. "Und wieso wusste ich von Avel's Albtraum ohne ihre Schreie hören zu können."
    Genervt stand er auf und lief im Kreis auf und ab. Nach einigen Minuten gab er jedoch auf und beschloss, sich erneut schlafen zu legen um noch etwas Ruhe zu finden, bevor sie bei Riget ankamen.


    Ein beharrliches Klopfen riss ihn aus seinem Traum. "Sir? Wir haben eine Nachricht von TheLastReaper." "Ich komme sofort." Müde stand Ylak auf und verliess sein Zimmer. Die Wache hielt ihm wortlos die Nachricht hin.


    "Leider haben wir letzte Nacht unsere Flotte in einer Schlacht gegen Imperator chimu verloren. Kaplan erbittet deine Rückkehr, um sich den Problemes anzunehmen."


    Ylak holte tief Luft. Das konnte doch nicht wahr sein. "Stell mir eine Verbindung zu kaplan her." Befahl er der Wache und ging zurück in sein Zimmer um sich seinen Mantel zu holen.
    Als er das Cokpit betrat, hielt ihm die Wache bereits das Headset entgegen.
    "Hallo kaplan. Was ist denn los?" grinste er. Kaplan's Stimme klang missmutig, als er Ylak von den Einzelheiten unterrichtet. "Ich bin hier leider unabkömlich und Chang ist noch auf Erkundung." erwiederte Ylak. "Aber ich hab eine Idee. Ich werde gleich meinen Adoptivsohn kontaktieren. Zusammen mit ihm sollten wir drei eine Flotte haben, die es mit chimu aufnehmen kann. Und meine Piloten kennen Bambi. Ich übertrage die oberste Befehlsgewalt an ihn, dann könnt ihr fliegen." Erfreut stimmte kaplan dem Plan zu und die beiden Imperatoren verabscheideten sich.


    Bambi war sofort Feuer und Flamme. Er brannte danach, sich endlich zu beweisen und Ylak wollte ihm diese Chance gerne gewähren. "Leider bin ich zur Zeit mit einem der Europa Fighter unterwechs, doch sollte dies kein großes Problem in der Kampfkraft darstellen." meinte Ylak zum Schluss. "Ich wünsche dir viel Erfolg Bambi. Aber wichtiger noch, hab Spaß." grinste er und verabschiedete sich.


    Von einer tiefen Ruhe erfüllt legte Ylak das Headset weg und schloss die Augen. Er wusste dass Bambi der Aufgabe gewachsen war und dass ihm diese Schlacht einiges lehren würde. Stolz erfüllte ihn, als er daran dachte wie er selbst früher auch so voller Tatendrang gewesen war. Doch dann fiel ihm wieder die letzte Nacht ein und seine Züge verhärteten sich. Rasch stand er auf und betrat das Cockpit.
    "Guten Morgen Sir." begrüßten ihn die Piloten. "Guten Morgen Männer, wie lange fliegen wir noch?" Einer der Piloten blickte auf die Schaltfläche vor ihm und runzelte die Stirn. "Laut meinen Berechnungen müssten wir in ca zwanzig Minuten den Planeten erreichen, doch bisher ist kein Planet auf unserem Radar aufgetaucht." Verwirrt blickte begannen die Piloten die Daten zu überprüfen. "Lasst gut sein, ich glaube ich weiß warum die Systeme nichts anzeigen. Fliegt einfach weiter." grinste Ylak. "Riget Lous ist uns was die Technologie angeht überlegen, wahrscheinlich weiß er bereits dass wir kommen. Seid also wachsam und achtet darauf, dass wir den Planeten nicht verfehlen." mahnte er und lies die beiden wieder alleine.


    Die aufgebrochene Tür schwang etwas zurück, als er vorsichtig anklopfte. "Avel, wir sind in zwanzig Minuten da." informierte er seine Begleiterin.

  • Verwirrt blinzelte Avel und versuchte, sich in der Gegenwart zurecht zu finden. Gerade war sie doch noch auf ihrem Planeten. Sie spürte noch den Wind, der ihre Haare durcheinander wirbelte und unter ihrer Handfläche brannte noch die Rinde ihres andorianischen Eichenbaums. Langsam wurde sie sich bewusst, dass sie sich in einem Bett befindet. Nun kamen auch die Erinnerungen zurück und sie erkannte Ylaks Stimme. Seine Worte kristallisierten sich in ihrem Bewusstsein und fügten sich zu einem logischen Satz zusammen. „Avel, wir sind in zwanzig Minuten da“. Ihre Stimme klang noch etwas verschlafen, als sie antwortete: „Danke, Ylak, ich werde auf der Brücke erscheinen.“


    Sie quälte sich aus dem Bett – sie war bereits komplett angezogen, da sie in ihren Alltagskleidern geschlafen hatte… Alles total zerknittert. Und nach Schlaf riechend. Und als sie in den Spiegel schaute, der im Gästezimmer über der wunderschön verzierten Schmuckkommode stand, erschrak sie beinahe. Ihre Haare standen in alle Himmelsrichtungen. Okay – sie musste sich nun einfach beeilen. Sich ihrer Kleidung entledigend verschwand sie im Badezimmer und stellte sich unter die Wasserdampfdusche. Nun konnte sie ihre Haare bändigen – und sie war sich sicher, dass es auch hier eine Art Einheitsleidung geben würde, die sie anziehen konnte. Und tatsächlich wurde sie im Schrank fündig und streifte sich ein hellblauer Overall über den Körper.


    Zehn Minuten nach Ylaks Klopfen an ihrer Türe war Avel nun unterwegs zum Cockpit. Die Müdigkeit steckte immer noch in ihren Knochen, aber was hatte sie erwartet, sie hatte einfach zu lange nicht geschlafen. Die Türen öffneten sich automatisch, als sie sich näherte. Viele Köpfe drehten sich zu ihr hin. Auf den ersten Blick sah sie Ylak nirgendwo.
    „Habt ihr schon Funkkontakt hergestellt?“, fragte sie die Piloten neugierig. Ein Kopfschütteln war die Folge und die knappe Antwort „Wir können den Planeten auf unserem Schirm nicht lokalisieren“. Avel musste schmunzeln. Ihre Augen wanderten zur Flugroute. Die Koordinaten waren korrekt eingegeben und tatsächlich war in der Weite des Alls nichts zu sehen. Die Sensoren konnten den Planeten nicht erfassen. Regit Lous war einfach ein Genie… „Wenn ihr mir ein Headset reicht, werde ich ihn über unseren Besuch informieren und um Landeerlaubnis bitten“, sagte sie mit einem Lächeln auf den Lippen. Nun erblickte sie auch Ylak und winkte ihm fröhlich zu. Seit sie einen Plan hatte, spürte sie die Erleichterung. Es war, als ob sie wieder atmen könnte.


    Sie ergriff das Headset und gab dem 1. Kommunikationsoffizier die Verbindungsdaten durch. Es knackte in der Leitung und schon erklang in ihren Ohren die Stimme von Regit Lous: „Guten Tag, Sie sprechen mit dem automatischen Antwortdienst. Wenn sie kein bedeutungsvolles Angebot zu unterbreiten haben oder es sich um eine ihrer Technologien handelt, legen sie wieder auf und melden sie sich bei jemandem, den es interessiert.“
    Avel lachte schallend. „Ach Regit, du bist immer wieder für einen Witz zu haben. Sei gegrüsst, Avel spricht hier. Redest du mit mir oder muss ich mir wen anderen suchen?“ Noch immer lachend hörte sie ein erschrockenes „Oh!“ und ein Geklapper im Hintergrund, als hätte sich die Rücklehne des Stuhls des grossen Technologen gerade aufgerichtet – als wäre sie eine der bedeutsamsten Kundinnen. „Avel – was gibt es? Wo brennt es? Wie kann ich helfen?“
    „Wir sind auf dem Weg zu dir, Ylak und ich haben etwas Wichtiges mit dir zu besprechen. Würdest du uns Landeerlaubnis erteilen und vorübergehend deine Tarnvorrichtung deaktivieren?“ Sie konnte sich nur zu gut vorstellen, wie er gerade die Stirn runzelte und die Augenbrauen hochzog, da er gerade erkannte, dass sie in jenem heranfliegenden Schiff sein musste.
    „Du hast Glück – meine Verteidigungsanlagen waren bereits scharf gestellt.“ Ein Rascheln und einige piepsende Töne waren zu hören, während Avel darauf wartete, dass Regit weiterredete. „In Ordnung, ihr solltet in zwei Minuten in die Atmosphäre des Planeten eintauchen. Die Tarnung wurde aufgehoben und eure Sensoren sollten mich nun erfassen können. Beachtet bitte beim Anflug die Trümmerteile, die sich in der näheren Umlaufbahn befinden – schon einige Schiffe haben hier ihren Tod gefunden. Und lasst euch beim Eintritt in die Atmosphäre nicht von den herumhüpfenden, dreiköpfigen Flugwesen verwirren, diese sind nur eine Simulation.
    Übrigens kommt ihr gerade rechtzeitig zum Tee!“


    Avel bedankte sich und liess die Verbindung trennen. Sie informierte die Besatzung über die dreiköpfigen Flugwesen und die Trümmerteile – und genau in dem Moment tauchte eine zerfetzte Raumkapsel auf, die entfernt an einen Rigel Dreadnought erinnerte. Der Pilot führte sofort ein Ausweichmanöver durch, sodass sie den Planeten doch noch heil erreichten. Nur die dreiköpfigen Vögel waren etwas nervig, da sie auf dem Raumschiff rumhüpften, in die Scheibe pickten und dadurch die Sicht versperrten – obwohl sie reine Hologramme waren.
    Zeitweise fürchtete Avel, dass diese monströsen Kreaturen noch schuld an einem Absturz sein werden, doch Ylak hatte nur die besten Piloten angestellt. Mittlerweile hatte sie sich neben ihn gestellt, um die Landung zu verfolgen. Als sie durch ein Luftloch flogen, klammerte sie sich für einen Moment erschrocken an Ylak.
    Doch bald waren sie am Erdboden angelangt und konnten sich zum Ausgang bewegen.


    Die Luke klappte auf und strahlend heller Sonnenschein empfing Ylak und Avel. Regit Lous hatte sie bereits erwartet, Avel rannte zu ihm und umarmte ihn erfreut, sie hatten sich schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Dann blickte sie zu Ylak, der ihr in der Zwischenzeit gefolgt war, und wendete sich an Regit: "Vielleicht kennst du Ylak bereits, er hat sich im Universum schon einen grossen Namen gemacht. Zahlreiche Schlachten hat er geschlagen und oft gegen eine Übermacht gekämpft." Und an Ylak gewandt meinte sie nur "Ich habe dir ja bereits von Regit Lous erzählt. Das ist er nun."
    Vor ihnen stand also Regit. Ein genialer Denker, der so locker mit Zahlen jonglierte, als wären es gravitationsarme Bälle. Er war sehr gross und es war nur schwer festzustellen, welcher Rasse er angehörte. Er wirkte ein wenig wie ein Chamäleon, das jegliche Form annehmen konnte. So waren Züge oder die Hautfarbe eines Andorianers zu erkennen, die Stirn hatte aber etwas cardassianisches, die Ohren etwas minbarisches - und noch etwas, das nur schwer zuordnungsbar war. Vielleicht ein Terraner? Ein etwas verrücktes Lächeln lag auf seinen Lippen. "Haben euch die dreiköpfigen Flugwesen gefallen?"


    Avel lächelte, als sich die beiden Männer die Hand reichten und sich begrüssten.

  • "Es freut mich, Sie endlich persönlich kennen zu lernen, Regit. Avel hat bereits viel von Ihnen geschwärmt und dass wir hier sicherlich eine Lösung finden würden". Freundlich erwiderte Ylak den festen Handschlag. "Und was das dreiköpfige Flugwesen angeht", Ylak grinste, "es wirkt sehr einschüchternd. Fallen denn viele darauf herein?" Regit nickte: "Es überrascht mich immer wieder, wie viele wie wild auf die Hologramme feuern, und sich die Verwirrung unter ihnen ausbreitet. Aber kommt doch herein, drinnen ist es viel gemütlicher, und der Mondbeerensaft ist auch schon aufgesetzt". Er zwinkerte Avel zu.
    Erst jetzt erblickte Ylak das wundersame Haus vor ihnen. Es wirkte so natürlich, dass es aus der Athmosphäre sicherlich als ein Teil der Landschaft durchgehen musste, doch aus nächster Nähe verblüffte ihn die Architektur. Es schien, als hätten sich hier Baumeister aus jeder Rasse beteiligt, damit auch ja sichtbar sei, wie vielfältig Andromeda's Bevölkerung ist.
    Da waren die typischen Rundfenster der Minbaris, in einer Fassade welche von den Palästen der Orioner hätte sein können. Die Türen hatten die spitz zulaufenden Formen, welche bei den Vorgonen vorgefunden wurden, während das Dach wie eine luftige Decke aus Gras wirkte. "Wie auch immer die Serakinen so etwas hinbekommen", dachte Ylak erneut, und blickte staunend nach oben.
    Erst nach einer Weile bemerkte er, wie Regit und Avel ihn lächelnd betrachteten. "Entschuldigung", murmelte er, "doch dieses Haus ist eine Meisterleistung der Architektur. Ich nehme an, es ist ein eigener Entwurf?" Regit lachte: "Ja, ich weiß nicht, wie viele Architekten ich hier schon hatte, doch kein einziger konnte mir Pläne vorzeigen, welche auch nur im Entferntesten meinen Wünschen entsprochen haben. Also musste ich selber Hand anlegen."
    Wie von Geisterhand öffnete sich die Tür. Vorsichtig trat Ylak hinter den beiden ein. Bereits die Fassade des Hauses hatte ihn verblüfft, doch was er nun erblickte, machte ihn sprachlos.
    Im ersten Moment wirkte es wie in einem riesigen Uhrenwerk. Überall waren Zahnräder und Kurbeln zu sehen. Er sah, wie Avel ihre hellblaue Jacke auszog und an einen Hacken hing, welcher an der Wand in einer Schiene eingelassen war. Leise surrend glitt der Hacken weiter und verschwand in einem Spalt in der Wand.
    Zögernd zog Ylak ebenfalls seinen Mantel aus, während nahezu lautlos ein weiterer Hacken auftauchte und auf seine Aufgabe zu warten schien. Im selben Augenblick, wie Ylak seinen Mantel an dem Hacken aufgehängt hatte, begann es erneut zu surren und auch sein Mantel folgte Avel's Jacke.


    Ein leichter Stoß in die Seite ließ ihn zusammenzucken. Avel lächelte ihn verschmitzt an und bedeutete ihm mit einer Kopfbewegung Regit zu folgen, welcher bereits in den nächsten Raum gegangen war. Verwirrt blickte sich Ylak um. Der Gang vor ihm endete abrupt in einem großen saal-ähnlichen Raum. An den Wänden hingen allerlei technische Spielereien, von Kuckuksuhren, welche die Zeit in Binärcode angaben, bis hin zu gewaltigen Spiegelkonstrukten, welche das Sonnenlicht im Raum verteilten. "Täusch ich mich oder ist das Haus tatsächlich größer, als es von draußen wirkt?" Regit, welcher die Frage gehört hatte, drehte sich mit einem Lächeln um und klärte den verblüfften Ylak auf: "Nein, du hast recht, das Haus ist durch die besondere Architektur und einiger technischen Spielereien wirklich größer als es wirkt. Aber kommt, setzt euch, der Mondbeerensaft ist gleich so weit, Avel. Was darf ich dir anbieten, Ylak? Ich darf doch du sagen oder?" Abwesend nickte Ylak, bis ihm Avel erneut einen leichten Stoß gab. "Wie, oh ja, entschuldige Regit, diese Ansammlung an Technik überwältigt mich einfach. Und natürlich, es wäre mir eine Ehre, wenn wir das Sie weglassen" , grinste Ylak verlegen, "mir würde eine einfache Tasse Kaffee reichen, danke."
    Regit nickte und tippte ein paar Tasten auf einer Schaltfläche in der Wand, woraufhin sich in der Mitte des Saales ein Tisch aus dem Boden erhob. Währendessen fuhr ein kleiner Wagen gefüllt mit allerlei Keksen, Gebäck und ein paar Kannen in den Raum. Sofort machte sich der intensive Geruch des Mondbeerensaftes breit. Ylak bemerkte, wie Avel's Augen aufleuchteten und musste grinsen. Auch Regit lächelte, als er seine beiden Gäste zu Tisch bat.


    Nachdem sich dir drei gesetzt hatten, begannen Ylak und Regit sich über die Funktion der Sonnenverteiler, wie Regit sie nannte, zu unterhalten. Ylak war fasziniert davon, wie die Spiegel sich automatisch nach dem Stand der Sonne ausrichteten und so immer den anschein erweckten, als würde man in der freien Natur stehen. "Wie bist du eigentlich auf die Idee gekommen, solch eine komplizierte Struktur zu erstellen, obwohl einfach nur Leuchten diesen Raum zur Genüge ausgeleuchtet hätten?" Regit wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als...

  • ...als es plötzlich aus Avel herausplatzte: "Hört endlich auf - wir haben keine Zeit!!!!"
    Unruhig hatte sie bisher das Gespräch verfolgt gehabt, sie war hin- und hergewippt, hatte mit ihren Haaren gespielt, hatte versucht, ruhig zu bleiben, tief durchzuatmen. Sie wollte geduldig sein, bis die beiden Herren sich ausgesprochen hatten. Sie wusste ja, dass das Haus und die ganzen Technologien darin sehr faszinierend waren. Bei ihrem ersten Besuch hatte sie auch erst einmal das ganze Innenleben staunend betrachtet, liess sich von Regit herumführen, hatte sich alle Zimmer zeigen lassen. Ylak kannte erst einen Bruchteil des gesamten Hauses und war jetzt schon so begeistert - sie musste nun endlich eingreifen, bevor Regit auf die Idee kam, ihn noch auf eine Sonderführung mitzunehmen.
    "Die Zeit rennt uns davon!!!"
    Zwei verdutzte Augenpaare richteten sich auf sie. Ylaks Kaffeetasse klirrte auf dem Unterteller, als er sie hinstellte. Er hatte sich tatsächlich in all den Eindrücken, die Regits Haus boten, verloren. Doch Regit blickte ganz ruhig in Avels Augen. "Diese Aussage ist falsch. Wir haben noch exakt 8 Tage, 23 Stunden, 6 Minuten und einige Sekunden."
    Nun war es an Avel, erstaunt zu schauen. Regit fuhr mit sanfter, aber eindringlicher Stimme fort. "Unser Sektor wird in acht Tagen ausgelöscht werden. Die Berechnungen, die ich anhand meiner Maschinen angestellt habe, sind korrekt, ich habe sie dreimal überprüft und sogar von Hand nachgerechnet."
    Avels Herz raste. Von Panik ergriffen sprang sie auf, sodass sie beinahe ihre Mondbeerensafttasse umgestossen hätte: "Wie kannst du da nur so ruhig bleiben!!!" Ein vorwurfsvoller Unterton schwang mit.
    Regit stand nun ebenfalls auf. Sein Blick bohrte sich nun noch mehr in sie hinein. "Möchtest du dich nicht wieder hinsetzen?"
    Avel schnappte nach Luft.
    Ylak, der die Szene bisher regungslos verfolgt hatte - vermutlich hatte ihn Avels heftige Reaktion erschreckt - griff nun sanft, aber bestimmt nach Avels Hand. "Ainavel..." Durch die Berührung vergass sie die harten Worte, die sie Regit noch an den Kopf werfen wollte. Sie spürte die warmen Finger, die ihre Hand umschlossen. Es war ihr, als ob ein leichter elektrischer Schlag sie wieder zur Besinnung gebracht hatte. Kommentarlos liess sie sich zurück auf die Bank fallen.
    Regit senkte dankbar den Kopf in Richtung Ylak und setzte sich ebenfalls wieder hin. Er räusperte sich und sprach weiter:
    "Glaubst du denn, dass es mir leicht gefallen war, als ich bemerkt hatte, wie langsam ein Stern nach dem anderen erlischt? Als es begonnen hatte, war ich gerade in meinem Turmteleskop und schaute die holografische Projektion an, die das Teleskop eingefangen hatte und zeitgleich übertrug. Es war nur ein kleiner Ausschnitt der Omega-Galaxie. Wie ihr vielleicht wisst, gibt es nur wenige Fernrohre, die eine solch starke Entfernung so gut überbrücken können. Einer meiner Ingenieure hatte dies entwickelt, nachdem ich ihm die zündende Idee geliefert hatte."
    Er schüttelte kurz den Kopf, um diese unwichtige Erinnerung aus seinen Gedanken zu verdrängen und zurück auf das Wesentliche zu kommen.
    "Als ich dort den Stern Om-X-3 betrachtete, verschwand die holografische Darstellung dieses Roten Zwergs plötzlich.
    Zuerst dachte ich, es müsse sich um einen Fehler handeln - man sucht den Fehler ja immer erst bei der Technologie und wird so gut wie immer eines Besseren belehrt...
    Doch auch mein Spiegelteleskop, welches ich für solche Fälle mit zahlreichen Verstärkungen und Vergrösserungsspezifikas ausgerüstet hatte, zeigte nach dem Einstellen der Koordinaten keine Sonne mehr an."
    Regit stand nun wieder auf und schritt unruhig auf und ab, grübelnd, als wäre er in die Situation zurückversetzt.
    Avel hielt die Spannung nicht aus: "Und dann?"
    Regit blieb stehen. Er zückte sein Notizbuch, das er immer bei sich trug und blätterte darin.
    "Dann stellte ich die Koordinaten des Nachbarsonnensystems ein. Ich konnte geradezu mitansehen, wie der Stern verschlungen wurde... Natürlich liess es mir keine Ruhe. Sofort stellte ich Nachforschungen an, kontaktierte das wissenschaftliche Zentrum für Sternenverzeichnung, das noch gar nichts davon bemerkt hatte, auch das astronomische Labor stellte das Phänomen des Verschwindens erst fest, als ich sie in Kenntnis davon gesetzt hatte."
    Erstarrt hing Avel an Regits Lippen und lauschte jedem seiner Worte. Von Angst ergriffen schlang sie ihre Finger um Ylaks.
    "Selbstverständlich setzte ich alle Hebel in Bewegung, um dieses Auslöschen aufzuklären. Alle Messinstrumente waren in Betrieb - die Gammastrahlung war höher als normal. Fast schien es auch so, als wäre die Temperatur des Weltalls um ein Nanograd Kelvin angestiegen.
    Ein solcher Anstieg der Gammastrahlung war sonst nur bei der Entstehung eines schwarzen Loches zu bemerken - doch in viel geringerem Ausmass!!"
    Regits Stimme überschlug sich beinahe - und er hätte sicher noch lange weitererzählt, wenn er nicht unterbrochen worden wäre.

  • "Entschuldigen sie die Störung Sir, aber ich sollte sie informieren, sobald die Messwerte von ihrer Norm abweichen. Nun, das wollen sie sich sicherlich selber anschauen." ungehalten blickte Regit zu dem Mann hinüber. Er überlegte kurz, bevor er sich zu Avel und Ylak wandte. "Um es kurz zu machen, ich weiß wann es soweit ist, aber ich habe keinen Ausweg, nichts was euch helfen könnte."
    Ylak ließ sich Regit's Worte durch den Kopf gehen. "Das ist auf jeden Fall mehr als wir bisher wussten, alles andere werden wir schon rausfinden." Nachdenklich nickte Regit und drehte sich zu dem Mann: "Danke, wir kommen sofort." Dieser nickte und verließ den Raum. "Es kann nichts gutes bedeuten, wenn die Messwerte verrückt spielen. Aber wenigstens haben wir einen Anhaltspunkt.
    Die beiden folgten Regit durch mehrere Flure, bis sie vor einer gepanzerten Tür Halt machten. Rasch tippte Regit eine Zahlenfolge ein und mit einem Zischen öffnete sich vor ihnen ein großes Labor. Im Mittelpunkt erkannte man ein gigantisches Fernrohr, an welchem allerlei Kabel und Schläuche angeschlossen waren.
    Mehrere Personen in Laborkitteln nickten ihnen kurz zu, bevor sie sich wieder über ihre Monitore und Berichte beugten. Nur ein junger Wissenschaftler eilte ihnen entgegen. Seine feuerroten Haare standen zerzaust in alle Richtungen. Nervös blickte er Ylak und Avel an, bevor er sich zu Regit wandte. "Sir, es ist eine kleine Sensation. Wenn es nicht so tragisch wäre, würden sie sicherlich einen Nobelpreis bekommen für diese Entdeckung, doch es grenzt an ein Wunder. Die Einzigartigkeit, die Perfektion.." seine Stimme überschlug sich beinahe. "Beruhig dich Melvin, zeig uns einfach, was du entdeckt hast ja?" Beschämt blickte der junge Wissenschaftler zu Boden. "Entschuldigen sie Sir. Kommen sie mit." rasch lief er zu einem der Monitore und begann wie wild auf die Tastatur einzuhacken. "Sehen sie diese Werte? Es ist quasi die Grundenergie, das Herz der Katastrophe. Wie das Auge bei einem Tornado, nur dass sich hier geballte Energie befindet. Diese Werte sind.. abnormal. Das hier wird das gesamte Universum wie wir es kennen umkrempeln, nichts bleibt mehr wie es war." Ylak blickte den jungen Mann erstaunt an. Seine Sommersprossen schienen zu leuchten, sein ganzer Blick wirkte fasziniert von dieser Katastrophe. "Und hilft uns das weiter, wie man es stoppen kann?" Der junge Wissenschaftler stutzte und blickte Ylak sprachlos an. "Stoppen? Wieso sollte man solch ein Phänomen.... oh entschuldigen sie, meine wissenschaftliche Ader geht mit mir durch. Aber so leid es mir tut, das hier ist nicht aufzuhalten. Es ist wie eine unaufhaltsame Maschine." er blickte in die verständnislosen Gesichter und holte tief Luft. "Versuchen sie es sich so vorzustellen. Wenn irgendwo ein Feuer ausbricht, kann man die Luftzufuhr abschneiden, den Brennstoff entfernen oder die Temperatur verringern damit das Feuer gelöscht wird. Das Feuer braucht Energie von außen, um am Leben zu bleiben. Das hier aber hat seine eigene Energiequelle. Es ist wie eine Maschine, ein "Perpetuum Mobile" sozusagen."
    Enttäuscht blickte Ylak zu Avel. Ihr besorgter Blick war wie gebannt auf den Monitor gerichtet.
    "Aber das Wichtigste hätte ich beinahe vergessen", rief Melvin, "Ich habe diese Energie etwas genauer untersuchen wollen, und dabei ist mir Folgendes eingefallen!" Er tippte erneut auf der Tastatur rum, woraufhin mehrere Tabellen angezeigt wurden. Stolz drehte er sich um. Regit sog scharf die Luft ein, auch Avel's Augen weiterten sich, nur Ylak zuckte mit den Schultern.
    "Das ist doch abstrus, was soll das sein, das verrückte Experiment irgendeines wahnsinnigen Professors?", Regit wagte es kaum seine Gedanken auszusprechen, "Du willst sagen, die Katastrophe... lebt?" Avel schüttelte langsam den Kopf: "Leben ist wohl das falsche Wort... Schau, diese Werte hier, die Energieschwankungen, sind zu regelmässig. Es wirkt zwar wie ein Pulsieren, wie ein Herzschlag..."
    Melvin fiel ihr ins Wort: "Richtig, aber das ist es eben nicht. Eine Lebewesen ist zu Stoffwechsel, Fortpflanzung, Reizbarkeit und Evolution fähig. Das da aber", er zeigte auf die Tabellen hinter sich, "besitzt keine dieser Merkmale. Trotzdem hat es eine Art Eigenleben. Es scheint von einer pulsierenden Macht getrieben zu werden, etwas, was man als Gehirn beschreiben könnte. Jede andere Katastrophe, seien es magnetische Wirbelstürme oder Asteroidenfelder werden nur von den energetischen Feldern der Planeten beeinflusst. Diese Katastrophe hier scheint sich aber selbstständig wie ein schwarzes Loch von Planet zu Planet, von Sonnensystem zu Sonnensystem zu expandieren."
    Betroffen schwiegen alle. Ylak ergriff als Erster das Wort: "Anders gesagt, wir können es nicht bekämpfen und auch nicht hoffen, dass es verschwindet oder dergleichen, sondern wir alle sind dem Untergang geweiht?" Seine Mine verhärtete sich. "Es muss einen Weg geben! Irgendeine Schwachstelle wird sich doch auftreiben lassen." Melvin blickte ihm furchtlos in die Augen. "Sir, wir werden weiter forschen und suchen, aber ich befürchte, dass sich hier die Schriften erfüllen."
    "Dann müssen wir in den Schriften nach einer Möglichkeit suchen." Herausfordernd blickte Ylak in die Runde. "Ihr wollt doch nicht einfach so aufgeben?" Entschlossen schüttelte Avel den Kopf. "Gut, dann kommt mit in die Bibliothek. Danke Melvin für die Informationen." verabschiedete sich Regit.

  • In Gedanken versunken schritt die junge Andorianerin nach einem langen Nachmittag zu ihrem Schlafzimmer. Sie hatten die ganze Bibliothek durchforstet, hatten Recherchen angestellt, versuchten die Prophezeiung zu interpretieren… Doch die Symbolik der Prophezeihung war so abstrakt, dass sie nicht hinter ihren Sinn kamen. Sie mussten jede Allegorie entschlüsseln, jede Metapher verstehen. Doch langsam zweifelte Avel daran, dass selbst mit der richtigen Entschlüsselung keine Lösung gefunden war… Die Verabschiedung war dementsprechend unter einer gedrückten Stimmung verlaufen. Regit meinte nur, dass Avel ja wisse, wo sie schlafen könne. Dann schritt er mit Ylak fort, um ihm das Gästezimmer zu zeigen.


    Bald war sie bei ihrem Schlafzimmer angekommen. Sie fühlte sich beinahe schon wie zu Hause, so oft, wie sie hier zu Besuch war und sich mit Regit bei einem Glas andorianischem Feuerwein über das Universum unterhalten hatte. Das Zimmer hatte sie mittlerweile nach ihrem Geschmack eingerichtet. Es wirkte beinahe so, als wäre es eine Kopie ihres Schlafzimmers auf ihrem Heimatplaneten. Die Kleiderschränke waren gefüllt und da und dort standen Dekorationsgegenstände, die sie von Avalonia mitgebracht hatte. Es gab sogar einen Schreibtisch, an dem sie an ihren eigenen Forschungen arbeiten konnte, und das Bücherregal war mit ihren Lieblingsbüchern gefüllt.


    Nachdem Avel ihre blauen Einheitskleider aus Ylaks Raumschiff gegen etwas Leichteres und Bequemeres eingetauscht hatte, setzte sie sich auf ihr Bett. Die Kleider schmiegten sich an ihren Körper und sie fühlte sich gleich wieder viel wohler, da sie den vertrauten Duft ihrer Waschchemikalien einatmete. Trotzdem war das Alles fast zu viel für sie – die Informationsflut drohte sie zu überwältigen. Sie atmete tief ein und aus, zündete eine Duftkerze an, um das Licht der unnatürlichen Neonröhre, das seltsam flackerte, zu ersetzen. Der Duft erinnerte sie sofort an ihre Heimatwelt.
    Um sich auf andere Gedanken zu bringen, sang sie leise vor sich hin, alte Lieder, die sie noch von ihrer Mutter gelernt hatte. „Takaschra Simalne Otirek Tarakaschu“
    Nachdenklich setzte sie sich im Schneidersitz auf das Bett und versank gleich in einen meditativen Zustand, der ihr half, das Erlebte besser zu verarbeiten. Es blieben ja noch einige Tage Zeit, um eine Lösung zu finden. Es gab keinen Grund zur Panik.
    Während Avel immer tiefer in ihre Meditation eintrat, merkte sie gar nicht, wie langsam der Schlaf übermächtig wurde und sie in seinen Bann zog.


    Mitten in der Nacht schreckte sie auf. Am ganzen Körper zitterte sie, es war eisig kalt. Ihre Knie schmerzten. Ihr Herz raste. Was war geschehen? Ganz verwirrt versuchte sie sich zu erinnern. Gerade eben war sie doch noch auf Avalonia gewesen und hatte in den Nachthimmel gestarrt, an dem zahlreiche Sterne funkelten. Sie erinnerte sich an das erleichterte Gefühl, das sie verspürt hatte. Als wäre sie von einer langen Reise nach Hause gekommen und hätte nach all diesen anstrengenden Tagen endlich Ruhe gefunden. Und trotzdem wurde sie das Gefühl der Fremdheit nicht los, das sie auf dem Planeten empfunden hatte. War das alles nur ein Traum gewesen? Und warum hatte es sich so real angefühlt? Und woher kam dieses Gefühl der Fremdheit?
    Mit ihrer ganzen Konzentration versuchte Avel, sich stärker an den Traum zu erinnern.
    Plötzlich wusste sie wieder, weshalb das vertraute Gefühl gefehlt hatte: Ihr geliebter andorianischer Eichenbaum stand nicht an dem Ort, an dem er hätte stehen sollen.
    Und auch ihr Haus fehlte. Der Planet roch anders und die Landschaft hatte sich verändert. Und trotzdem sollte es ihre Heimat sein?
    Avel war sich ganz sicher, dass das Gefühl mit dem sie aufgewacht war, echt war. Sie war zu Hause angekommen. Aber was hatte das alles zu bedeuten?
    Vorsichtig schwang sie ihre schmerzenden Beine aus dem Bett und versuchte aufzustehen.
    Es war ganz dunkel im Zimmer. Während sie sich unbeholfen zum Lichtschalter tastete, fiel ihr ein, dass sie ja auch einfach zweimal in die Hände klatschen könnte. Gedacht, getan – das Licht blendete sie und sie kniff die Augen zusammen. Was nun?
    Ratlos stand sie im Zimmer.
    Vielleicht würde es ihr helfen, mit Regit oder Ylak über den Traum zu sprechen, vielleicht würde sie sich dann besser erinnern?
    Bevor sie das Zimmer verliess, griff sie nach einer Wolldecke, um sich darin einzuhüllen. Ihr war immer noch kalt. Doch kaum war sie über ihre Türschwelle getreten, stolperte sie beinahe in Ylak hinein, der sie auffing. Erschrocken blickte sie auf: „Was machst du denn hier?“ Er liess sie vorsichtig los. „Genau dasselbe wollte ich dich auch gerade fragen, Avel. Kannst du etwa nicht schlafen?“, besorgt musterte er sie. „Doch – aber ich hatte einen Traum, weswegen ich mit dir oder Regit sprechen wollte.“ Ylak runzelte die Stirn: „Genau deswegen wollte ich zu dir!“ – „Was? Wegen meines Traums?“ Ylak schüttelte den Kopf: „Nein, weil ich auch geträumt habe.“ Avel wartete darauf, dass er fortfuhr. „Ich war in einem Raumschiff – wie ich dorthin gelangt bin, weiss ich nicht mehr, aber du und Regit standen an meiner Seite.“ Irgendeine Saite in Avels Innerem schlug an und schwang auf einer Welle der Erinnerung. „Was? Ein Raumschiff?!“, sprach sie laut, „das würde erklären, wie ich auf diesen Planeten gekommen bin.“ „Auf einen Planeten?“ „Ja, und es war ein Gefühl des Heimkehrens…“ Ylak nickte: „So ähnlich fühlte ich mich auch, als ich aufgewacht war. Aber ich weiss nicht mehr, wie mein Traum geendet hatte.“ „An was erinnerst du dich denn noch?“, gespannt lauschte Avel. „Wir waren also in diesem Raumschiff und wir flogen direkt auf eine Supernova zu! Die Stossdämpfer des Raumschiffes konnten unserer grossen Geschwindigkeit nichts entgegensetzen - es war ein sehr unsanfter Flug, wir rasten durch das Weltall und es hätte wohl nicht viel gefehlt und unser Raumschiff wäre auseinander gefallen…“ Das alles kam Avel seltsam vertraut vor… Ylak fuhr fort: „Ich wusste, dass die Schutzschilde niemals der gewaltigen Hitze einer Supernova standhalten würden – und noch während ich dies denke, explodiert die Supernova vor unseren Augen – ein gewaltiger Lichtblitz erfasst uns. Wir werden durch die Luft geschleudert, das ganze Raumschiff dröhnt. Doch als ich die Augen wieder aufmache, sind wir nicht tot. Vor uns liegt das Weltall.“ Avel fasst Ylak erstaunt am Arm: „Ich erinnere mich!!! Genau dasselbe hatte ich auch geträumt! Nur dass ich nachher auf einem Planeten angekommen war, der meine Heimat war – aber nichts mit Avalonia gemeinsam hatte!“ „Was hat das bloss zu bedeuten?“, nachdenklich kratzte sich Ylak am Kopf, „Wir flogen in eine explodierende Energiequelle und im nächsten Moment waren wir im leeren Raum des Weltalls. Als wären wir von einem Ort zu einem anderen gesprungen, so etwas wie Teleportation – aber mit einem Raumschiff??“ Avel kniff die Augen zusammen. „Warte… Hast du nicht auch schon von der Theorie des Quantensprungs gehört? Die Möglichkeit einer Verschiebung des Energiekontinuums von einem energiereichen Universum in ein energieärmeres?“ „Du meinst, die Theorie der Reise in Paralleluniversen?!“, Ylaks Stimme überschlug sich beinahe. „Genau!!! Das könnte doch die Lösung sein! Schnell, wir müssen Regit aufwecken und ihm von unserem Traum erzählen – er weiss sicher, ob das möglich ist!!!“
    Schon waren sie unterwegs und rannten zu Regits Schlafzimmer.

  • Müde rieb sich Regit die Augen. Nachdem sie ihm alles erzählt hatten, blickten sie ihn voller Erwartung an. Von einem zum anderen blickend schien dieser zu überlegen. "Also, ihr habt geträumt," begann er langsam, "und wollt aufgrund dessen mithilfe eines Quantensprunges der Katastrophe entkommen?" Einstimmiges Nicken war die Antwort. Regit holte tief Luft und stand auf. "Fangen wir mal so an, was wisst ihr denn von der Theorie des Quantensprunges?" "Es ist die Möglichkeit einer Verschiebung des Energiekontinuums von einem energiereichen Universum in ein energieärmeres, also die Reise in ein Paralleluniversum." wiederholte Ylak Avel's Worte. "Klingt ziemlich einfach oder?" grinste Regit. Verlegen kratzte sich Ylak am Kopf. "Ja so einfach ist das sicher nicht, aber bleibt uns überhaupt eine andere Wahl? Wir reden hier von der vielleicht einzigen Möglichkeit zu überleben, was denkst.." "Es gibt immer eine andere Option Ylak." unterbrach Regit ihn ruhig. "Für dich vielleicht Regit, aber nicht für mich. Aber wenn du meinst dass diese Überlegung Wahnsinn sein sollte, dann werde ich meine Wissenschaftler damit beauftragen müssen."
    "Keine Sorge Ylak, du kannst mit meiner Hilfe rechnen. Auch wenn die Überlegung Wahnsinn ist, weil wir einfach viel zu wenig wissen von dieser Theorie. Aber ich werde meinen Wissenschaftlern sofort bescheid geben, sie sollen alle Datenbanken abgleichen und Informationen zusammensuchen damit wir wenigstens etwas haben." beruhigte Regit die Situation. "Wenn ihr mich entschuldigt, am besten leite ich das sofort in die Wege, damit wir keine Zeit verlieren." Er blickte zu Avel hinüber und hielt verwundert inne. Im Eifer der Diskussion musste Avel verschwunden sein, ohne dass sie etwas bemerkt hatten. Erschrocken sprang Ylak auf. "Bei dreckigen Vorgonen, wo ist Avel hin?" Die Wolldecke lag noch immer auf ihrem Sitz. Wieder war es Regit, der Ylak beruhigte. "Keine Sorge, ihr kann hier nichts passieren. Wahrscheinlich hatte sie nur eine Idee und oder sucht etwas, sie wird sicher gleich wieder herkommen. Ich mach mich eben auf den Weg zum Labor und versuch danach noch etwas Schlaf zu bekommen. Morgen können wir dann die Einzelheiten besprechen." Gedankenverloren nickte Ylak. "Du solltest auch noch etwas schlafen Ylak." "Wie, ja doch, das werd ich. Bis später Regit."
    Nachdem Regit den Raum verlassen hatte, hinterließ Ylak eine Notiz an Avel. Verwundert über die entspannte Art Regit's ging er zur Tür, verließ den Raum und stieß im selben Augenblick mit Avel zusammen.

  • Nachdem sich Avel tausendmal entschuldigt hatte - sie war völlig ausser Atem, da sie den ganzen Weg zu ihrem Zimmer und wieder zurück gerannt war - streckte sie Ylak ein Buch entgegen. "Schau, Seite 342!"
    Da er sie fragend anblickte, schlug sie das Buch selbst auf und las vor:

    Zitat

    Das Jahr war ein Jahr des Schreckens gewesen und der Empfindungen, die noch stärker sind als die Schrecken, für die es im ganzen Universum keinen Namen gibt. Denn viele Zeichen und Wunder waren geschehen, und fern und nah, über Meer und Land, hatten sich die schwarzen Schwingen der Pest ausgespannt.


    Schnell blätterte sie etwas vor.

    Zitat

    ...Lichtblitze überall. In meinen Augen brennt das Feuer. Mein Körper fühlt sich an, als würde er sich in seine kleinsten Teile zersetzen, alles löst sich auf. Es schmerzt. Jeder Bestandteil meines Körpers brennt. Die Welt zerreisst. Doch als ich die Augen öffne, ist plötzlich alles ruhig. Die Dämonen sind verschwunden.


    Avels Augen blitzten vor Begeisterung, sie strahlte.
    "Verstehst du? Ich hielt das alles immer für reine Fiktion und verehrte den Autor für seine kunstvoll gestalteten Sprachmetaphern, aber nun macht das alles Sinn! Ragde Nalla hat das selbst schon erlebt!
    Das würde auch sein plötzliches Auftreten in unserem Universum erklären - niemand wusste, woher er kam und seine Vergangenheit war immer rätselhaft.
    Und auch die Herkunft seiner telepathischen Fähigkeiten wäre damit klar - Das war wohl in seinem Universum ganz normal!
    Vielleicht hat ER ja unsere Träume beeinflusst - das wäre eine mögliche Erklärung, weshalb wir das Gleiche geträumt haben. Vielleicht war seine Rasse ja so hoch entwickelt, dass sie nach dem Tod noch als Geistwesen Einfluss auf das Universum haben?! So genannte Aufgestiegene, wie es viele Mythen und Sagen erzählen?"


    Fasziniert hing Ylak an ihren Lippen. Er war zwar noch etwas kritisch, da das alles sehr gewagte Theorien waren. Doch er hatte in seinem Leben schon so viel Unglaubliches erlebt, dass ihn fast nichts mehr überraschen konnte. Er nahm ihr nun das Buch ab und blätterte selbst etwas darin. „Du könntest natürlich recht haben. Meine einzige Begegnung mit Ragde Nalla war so seltsam, dass ich dir alles glaube, was du über ihn erzählst.“
    Avel hatte nun endlich wieder Hoffnung, das Buch hatte sie in ihrem Glauben bestätigt und sie wusste nun, dass es einen Ausweg gab. „Lass uns zu Regit gehen!“
    Ylak schaute sie noch einen Augenblick an und zögerte. Da sie bereits losgeeilt war, griff er nach ihrer Hand. „Warte…“ Avel blieb stehen und drehte sich um: „Was ist denn?“ Ylak liess nun Avels Hand wieder los: „Wir müssen zu meinem Schiff gehen. Meine Crew wird uns bei den Arbeiten helfen müssen. Und wir lassen den Warpantrieb ausbauen. Das Schiff, das wir für unsere Mission brauchen, benötigt einen zweiten Warpkern.“ „Aber warum bauen wir nicht dein Schiff um?“ „Nun, mein Schiff ist zu klein, um alles zu transportieren.. Wir lassen ja Regits Leute nicht hier auf dem Planeten zurück.“ Avels Gedanken schweiften kurz zu dem lustigen Wissenschaftler mit den roten Haaren und sie musste schmunzeln. „Stimmt, und seine Technologien und einige seiner Maschinen müssten wir auch mitnehmen können. Das würde uns helfen, das Überleben in der neuen Welt zu sichern.“ Sie überlegte kurz. „Aber Ylak, vielleicht kann ich besser helfen, wenn ich hier bleibe und bei den Berechnungen helfe… Jetzt, mit dem Buch, sollte es uns möglich sein, einige Hinweise zu finden…“ Den Blick, der sie nun traf, konnte sie nicht richtig deuten...
    Ylak nickte. „Gut, dann treffen wir uns später wieder.“ Ylak drehte sich um und ging. Avel blickte ihm noch stirnrunzelnd nach und machte sich dann auf den Weg ins Wissenschaftliche Labor.

  • Nachdem er seiner Crew alles erklärt hatte und sie die Arbeiten aufgenommen hatten, verließ er den Hangar. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel und verwundert überlegte Ylak, wie schnell die Zeit zu vergehen schien. Draußen stand bereits der Transporter und die Arbeiter waren damit beschäftigt die Magnetfelder der Ladefläche einzustellen. Gedankenverloren grüßte Ylak und machte sich auf den Weg ins Labor.


    Melvin und Regit waren in eine hitzige Diskussion vertieft, als Ylak den Raum betrat. Das Buch lag aufgeschlagen zwischen ihnen. Ylak musste grinsen und ging auf die beiden zu. Regit bemerkte ihn und atmete erleichtert auf. „Gut, dass du da bist, Ylak, du wirst mir sicherlich zustimmen. Es geht um die exponentielle Energie, welche die Schiffe aufwenden müssen. Ich bin jedoch der Meinung dass ein gemischter Antrieb, ein Hyperraum- und ein Warp-Antrieb dafür besser geeignet wären, da somit die Spitzengeschwindigkeit des Hyperraums mit der extremen Beschleunigung des Warp’s kombiniert wird und die Leistung um ein vielfaches gesteigert werden kann.“ Verwundert zog Ylak die Augenbrauen hoch. „Das mag zwar alles logisch klingen aber die Energieschübe der beiden Antriebe sind einfach nicht kompatibel“, warf Melvin ein. „Die unterschiedlichen Hyperbelförmigen Energieflüsse würden kollidieren. Mithilfe des Tangenten-Asymptoten-Dreieck kann man genau…“ Entschuldigend hob Ylak die Hand. Einer Diskussion zweier Wissenschaftlern beizuwohnen hatte ihm gerade noch gefehlt. „Ich habe keine Ahnung worüber ihr redet“, gestand er, „aber die Idee hatten ja schon viele. Stellt euch nur einen Kampfstern mit solch einem Antrieb vor. Doch wie gesagt, von Forschung hab ich nicht so die Ahnung, ich könnte euch nur meine Wissenschaftler zu Verfügung stellen.“ Gedankenversunken blickte Regit auf das Buch. „Wie hat er das nur geschafft?“, murmelte er. Ylak jedoch ließ seinen Blick durch das Labor schweifen, konnte Avel jedoch nicht entdecken. „Sie ist gegangen, um sich um die Evakuierung ihres Planeten zu kümmern“, deutete Melvin seinen Blick, „und danach müsse sie noch irgendwas erledigen, ich hab es nicht genau verstanden.“ Dankend nickte Ylak und verließ das Labor, während Regit und Melvin erneut eine hitzige Diskussion starteten.


    Etwas verloren blickte sich nun um. Schließlich entschloss er sich, es Avel gleich zu tun und die Vorbereitungen für die Evakuierung seines Planeten in Gang zu setzen. Das Kommunikationsgerät in seinem Zimmer fiel ihm wieder ein. Glücklicherweise hatte er sich den Weg dorthin Zimmer gemerkt und so hörte er bereits kurze Zeit später die vertraute Stimme seines Kommandanten.
    Nachdem Ylak ihm die Situation geschildert und alles Nötige veranlasst hatte, berichtete sein Kommandant von den letzten Übergriffen der Minbaris. Doch Ylak beschwichtigte ihn: „Ignoriert die Minbaris, wir haben größere Probleme, sorg einfach dafür, dass ihr bereit seid, wenn die Schiffe fertig sind. Sollte sich irgendwas ändern, melde ich mich wieder.“ Er verabschiedete sich und ging ans Fenster.
    Seinen Gedanken freien Lauf lassend dachte er zurück an die alten Zeiten. Wie sehr sich sein Leben in den letzten Monaten verändert hatte. „Alt geworden bist du…“ sprach er zu sich selbst und musste grinsen. Wie viele Schlachten er doch geschlagen hatte. Wie oft hatte er sein Leben riskiert, nur der Ehre willen. Doch nun? Der Wunsch sich zu beweisen war verflogen und immer mehr war er darum bemüht für Ordnung und Ruhe zu sorgen. „…alt und kriegsmüde? Und aus welchem Grund?“ Er verdrängte die Antwort und lief ruhelos umher. Erst nach einer Weile nahm er die warmen Strahlen der Sonne wahr, welche den Raum erhellten.
    Er drehte sich zur Tür und beschloss Avel aufzusuchen. Schließlich musste auch die Evakuierung Bambi’s geplant werden. Rasch verließ Ylak den Raum und machte sich auf den Weg zu Avel’s Zimmer. Dort angekommen klopfte er mehrmals an. Gerade als er beschloss sich auf den Weg zurück ins Labor zu machen, kam Avel um die Ecke.

  • Schon von weitem konnte man erkennen, dass etwas nicht stimmte. Sie konnte sich kaum auf den Beinen halten. Ylak schritt ihr besorgt entgegen. Völlig aufgelöst sank Avel schliesslich in Ylaks Arme. Ihre Wangen waren tränenüberströmt und sie schluchzte laut. Ylak, der mit der Situation zunächst völlig überfordert war, schlang seine Arme um sie und versuchte, brauchbare oder verständliche Worte zwischen ihren abgehackten, wimmernden Sätzen herauszufiltern. Er verstand etwas von Tod, zu spät und ausgelöscht. Langsam dämmerte es ihm. Ihre Welt existierte nicht mehr, war von den schwarzen Schatten bereits in die Dunkelheit gezogen worden... Der Schock stand ihm ins Gesicht geschrieben. Avel bemühte sich, die nächsten Worte etwas deutlicher auszusprechen: „Stell dir vor -ich könnte gerade so gut…“ Doch noch ehe sie diese Worte ausgesprochen hatte, legte ihr Ylak die Hand auf den Mund: „Sssht. Daran solltest du nicht einmal denken!“


    Verzweifelt klammerte sie sich an ihn. Sie hatte alles verloren. Das Einzige, was ihr noch blieb, war ihr zweites Zuhause bei Regit. „Wir müssen uns beeilen, wir müssen hier so schnell wie möglich weg…“ Ihre Stimme klang nach wie vor sehr brüchig, doch Ylak hatte eine so beruhigende Ausstrahlung auf sie, dass sie langsam wieder zu Sinnen kam. Sie lauschte Ylaks Stimme und konzentrierte sich auf die Gegenwart. „Melvin und Regit untersuchen das Buch und sind vielleicht in der Zwischenzeit auf eine brauchbare Lösung gekommen. Vielleicht ist der Warpantrieb meines Europa Fighters auch schon bereit.“ Avel löste sich langsam aus seiner Umarmung. „Nur die Kopplung der Antriebe wird wohl etwas schwierig. Aber es muss einen Weg geben!“ Während sie überlegte, schritt sie aufgeregt hin und her „Es gab doch diese Theorie, die wir schon in der Schule lernten. Mit der Temperatur im Weltall…“ Ylak nickte: „Du meinst die Theorie mit der Mikrowellen-Hintergrundstrahlung, dass die Restwärme des Urknalls nach wie vor im Universum messbar ist?“ „Ja, genau. Die Formel, wie man anhand der gemessenen Temperatur im Universum zurück auf die Energie des Urknalls schliessen kann, hatten wir doch schon als Kinder lernen müssen.“ Sie hielt kurz inne. „Die Energie des Urknalls wird in jedem Paralleluniversum eine andere sein… Unser Antrieb muss vielleicht genau den richtigen Energieausstoss generieren, um uns dann in ein anderes Universum zu katapultieren. Aber wie hoch muss dieser Energieausstoss sein?“ Und plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Die Seitenzahlen!!! Radge Nalla muss in den Seitenzahlen, die ab und zu aus der Reihe tanzten und auf jenen Seiten völlig willkürlich angeordnet schienen, wichtige Hinweise hinterlassen haben!!!“


    Doch noch bevor sie diese unglaubliche Erkenntnis Ylak mitteilen konnte, riss sie das Funkgerät, das sie umgeschnallt hatte, aus ihren Überlegungen. Regits Stimme erklang. „Meldung für einen Zwischenstand. Die ersten Teile des Warpantriebs wurden geliefert und werden nun eingebaut, Melvin erstellt nun Berechnungen für die Kopplung des Hyper- und Warpantriebs.“ Avel griff nach dem Funkgerät: „Regit – wir kommen sofort zurück ins Labor!“ Avel schnappte sich Ylak und zog ihn mit, während sie ihm ihre Erkenntnis mitteilte. Weil sie so aufgeregt war, verstand Ylak wohl nur die Hälfte, doch geduldig wie er war, unterbrach er sie nicht – sie würde das sicher im Labor noch einmal erklären.


    Dort angekommen riss sie dem völlig verblüfften Melvin das Buch aus der Hand, um ihre Theorie zu überprüfen. Schnell blätterte sie vor und zurück. „Schnell, einen Stift!“ Melvin und Regit blickten Avel verwirrt an, während Ylak mit den Schultern zuckte und ihr einen Stift reichte. In völligem Übereifer schrieb Avel nun Zahlen aus dem Buch heraus, mangels Papier auf Melvins Schreibtisch, der sie nun böse anguckte. Regit flüsterte ihm etwas zu, dass wie „Alle Dinge sind vergänglich“ klang, woraufhin sich Melvins Blick leicht veränderte.


    Als Avel alle Zahlen die eine unregelmässige, nicht ordnungsgemässe Form hatten aus dem Buch herausgeschrieben hatte, drückte sie auf einen Knopf auf der Schreibtischtastatur, und wendete ihren Blick auf den sich heruntersenkenden Bildschirm. Hinter ihrem Rücken schaute Regit fragend zu Ylak, der zu einer Erklärung ansetzte und so gut wie es ging versuchte zu rekapitulieren, was Avel ihm auf dem Weg ins Labor erzählt hatte, nämlich dass die Seitenzahlen mögliche Hinweise auf die Grösse des Energieausstosses beinhalteten, der benötigt wurde, um in ein Paralleluniversum zu wechseln.
    Obwohl Avel so konzentriert wirkte, drehte sie sich nun um: "Das ist korrekt. Die Zahlen werden in eine Formel eingesetzt, die den Antrieb reguliert. Auch Koordinaten sind enthalten, wo die Schicht zwischen den Universen am durchlässigsten ist. Wenn alles richtig eingegeben wird, können wir nur noch den Kurs programmieren und dann den entscheidenden Impuls der Antriebe am angegebenen Ziel einsetzen."
    Avel drehte sich wieder um, wollte gleich die restlichen Zahlen auf der Tastatur eingeben, als sie inne hielt. "Melvin?", sagte sie fragend und fuhr fort, ohne auf eine Antwort zu warten, "Könntet Ihr nicht diesen Teil übernehmen? Ich denke, Eure Programmierkünste sind mit dem Antriebsprogramm besser vertraut." Melvin runzelte die Stirn und zog eine Augenbraue etwas hoch und meinte dann "Klar, das ist ja mein Job." "Gut, dann kann ich nämlich meine Dinge noch einpacken..." Zögernd blickte sie nun zu Regit und kaute nervös auf den Lippen, bevor sie zu einer weiteren Aussage ansetzte: "Mein Planet existiert nicht mehr. Wir sollten uns beeilen."
    In Regits Blick sah Avel, wie er überlegte, was er denn nun erwidern soll, doch noch bevor er einen Schritt auf sie zumachen konnte, und sie tröstend in den Arm nehmen konnte, schritt Avel schnellen Schrittes davon, um nicht wieder von ihren Gefühlen übermannt zu werden.



  • Ylak blickte hinter ihr her, als sie den Raum verließ. Er fühlte mit ihr, hatte er doch selber bereits viele gute Freunde und Bekannte in vergangenen Schlachten verloren. Avel würde etwas Zeit für sich brauchen, um all dies zu verarbeiten. Darum schüttelte er nur kurz den Kopf, als Regit ihn anblickte und trat hinter Melvin, um die Formel zu betrachten. Verblüfft dachte er daran, wie messerscharf Avel das Rätsel gelöst hatte, an welchem die klügsten Köpfe Andromeda‘s jahrelang gescheitert waren.
    „Ich müsste noch rasch Bambi kontaktieren und ihm sagen, dass wir bald losfliegen wollen.“ Ylak riss sich von seinen Gedanken los und blickte zurück zu Regit: „Wir treffen uns dann im Hangar?“ Dieser nickte: „Bis später.“ Sie verabschiedeten sich und Ylak machte sich auf den Weg.
    Nachdenklich dachte er zurück an den Tag, an welchem er Bambi kennengelernt hatte. Ein kleines Findelkind, welches Avel in einer Rettungskapsel ausgesetzt gefunden hatte. Er erinnerte sich noch genau, wie ein fremdes Schiff um Landeerlaubnis bat. Vor seinen Augen sah er noch einmal, wie langsam eine Unbekannte ausstieg, in ihren Armen ein schreiendes Baby, welches sie ihm entgegenstreckte. Sie bat ihn, sich für einige Tage, um das Kind zu kümmern, bis sie von ihrer Forschungsreise zurückkehren würde.
    Als sie ihn einige Jahre später darum bat, Bambi zu sich zu nehmen um ihn auszubilden, zögerte er nicht lange. Seit der ersten Begegnung hatte er ihn in sein Herz geschlossen, und schon bald war Bambi wie ein Sohn für ihn. „Wie lange das bereits her ist…“ sprach Ylak zu sich selbst und betrat sein Zimmer.

    Wie immer war Bambi erfreut, von Ylak zu hören, und auch wenn die Situation ernst war, so scherzte er doch rum und erkundigte sich nach Avel.
    Nachdem Ylak ihn auf den neusten Stand gebracht hatte, wurde jedoch auch er ernst. „Ich werde sofort zu euch kommen. Die wichtigsten Sachen habe ich eh bei mir, da ich morgen auf eine Rundreise aufbrechen wollte. Dann verschieb ich das halt.“ Ylak musste lächeln. „Avel wird sich sicherlich freuen, dich zu sehen. Beeil dich bitte.“ Nachdem er ihm die Koordinaten gegeben hatte, verabschiedeten sie sich. Rasch gab Ylak noch eine Meldung an seinen Kommandanten durch, er möge sich doch bitte auf den Weg machen, und verließ dann das Zimmer.


    Ylak betrat den Hangar. Regit schien nocht nicht anwesend zu sein, doch bemerkte er seine Piloten und gesellte sich zu ihnen. "Habt ihr alle Sachen verstaut?", fragte er sie. In Gedanken versunken nickten sie nur und blickten auf die gigantischen Schiffe vor ihnen. "Wie Sie gewünscht hatten, ist der Europa Fighter bereits komplett geleert und Ihre Wachen haben bereits ihre Räume bezogen und erwarten Sie." Nickend bedankte sich Ylak. "Da haben Regit's Männer ganze Arbeit geleistet, was?" Staunend betrachteten sie, wie mehrere Container in den Bauch des Schiffes gehievt wurden. All die technischen Geräte, und doch würde der Platz nicht für alles reichen. Sie mussten so viel zurück lassen. Seine Gedanken schweiften zu Avel und er entschloss sich, bei ihr vorbeizusehen: "Männer, in Kürze wird Bambi hier eintreffen, bitte kümmert euch darum, dass er weiß, wo wir untergekommen sind." Die beiden Piloten salutierten. Ylak drehte sich um und wollte den Hangar verlassen, als ihm noch ein Gedanke kam: "Meldet mir, wenn er eingetroffen ist." "Jawohl Sir, Sie werden der erste sein, der von seiner Ankunft erfährt." Lächelnd entfernte sich Ylak.


    Das Haus schien in hellem Aufruhr. Wo noch heute Morgen andächtige Stille geherrscht hatte und nur die Geräusche der technischen Geräte die Ruhe unterbrachen, erfüllten nun knappe Befehle und emsiges Treiben die Gänge. Mehrere Männer schleppten Kisten mit allerlei technischem und wissenschaftlichem Gerät umher, während andere die riesigen Bücherregale leerten und die Bücher ordentlich verpackten.
    Ohne Mühe fand sich Ylak zurecht und bald schon klopfte er an Avel's Tür.

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