Sir Heinrich von Weissenstein schlägt die Augen auf. Der kalte Schweiß steht ihm auf der Stirn, er spürt jeden einzelnen Herzschlag, hört bei jedem pochen in seiner Brust das leise rauschen des Blutes. Er horcht in die nächtliche Dunkelheit. Huschte da gerade jemand über den Flur? Huschte da etwa ETWAS durch die Dunkelheit? Er vermag es nicht zu sagen, aber er hat das Gefühl, nicht allein zu sein.
Langsam dreht er den Kopf und sucht sein Schlafgemach sorgfältig nach Auffälligkeiten ab. Plötzlich fällt ihm etwas ins Auge, halb im Schatten, kaum sichtbar. Er tastet nach dem Dolch unter seinem Kopfkissen. Wo ist er? Er kann ihn nicht entdecken. Kommt der Schatten näher? Er beginnt zu zittern. Seine Hände werden feucht.
Da ist er, endlich findet er den Dolch. Kalt und schwer liegt er in seiner Scheide unter dem Kopfkissen auf der anderen Seite des geräumigen Himmelbettes.
Langsam zieht er ihn zu sich. Da, der Schatten bewegt sich. Er sieht es ganz genau. Die Furcht droht ihn zu Lähmen. Er zieht den Dolch, den er in sienen Verschwitzten Händen vor Zittern kaum halten kann unter seiner Decke aus der Scheide. Jetzt oder nie, er wirft die Decke zurück und springt auf, den blanken Dolch in der rechten Hand stürmt er auf den Schatten zu.
Er sticht zu, er spührt den Wiederstand als der Dolch sich in etwas weiches bohrt, der Körper zuckt, es ist ein Körper, Weißenstein ist sich sicher. Ganz leises, erstickendes Jaulen ertönt, das Wesen zuckt. Als der Dolch bis zum Heft versenkt ist, dreht er ihn um 90°, warme, klebrige Flüssigkeit läuft über seine Hand. Er spürt Fell an seiner Hand. Kein weiches, flauschiges, eher drahtiges, unangenehm verklebtes Fell. Er dreht den Dolch im Inneren seines Opfers. Das Zucken verendet, erleichtert und am ganzen Köper zitternt zieht von Weissenstein den Dolch heraus.
Bitte lass es das Monster sein, dass für den gestrigen Mord verantwortlich ist, bittet er ein einem leisen Stoßgebet.
Er taumelt einige Schritte zurück, der Dolch entgleitet ihm. Nein, das kann doch nicht etwa... er wird bleich, er spührt, wie ihm das Blut in den Beinen versackt. Er sieht in Zeitlupe, wie seine Sicht verschwimmt. Er spührt, wie er fällt, kann nichts dagegen tun. Er fällt und fällt und fällt.
Der kalte Stein ist angenehm. Die Kälte macht den pochenden Schmerz in seinem Kopf erträglicher, er schlägt langsam die Augen auf. Wo ist er? Was tut er hier? Er ist verwirrt.
Als er sich ganz langsam aufrichtet dämmert es ihm: er hatte einen Alptraum. Er wachte auf, er nahm den Dolch und erstack die Silhuette, die so furchterregend erschien. Er begann erneut zu zittern. Er hatte doch nicht... nein, das konnte auf gar keinen Fall... konnte es? Er braucht Gewissheit. Nachdem er sich aufgerichtet hat, entzündet er seine Öllampe. Der Lichtschein schmerzte in den Augen, der Kopf hämmert wie wild, doch braucht er Gewissheit.
Die Gewissheit kommt wie ein harter Schlag gegen die Stirn. Ein Blick auf den Lablosen Körper auf dem Stuhl mit seinen Gewändern reicht. Seine Eingeweide verkrampfen sich. Überall ist Blut, so viel Blut, fast wie in der grausigen Nacht zuvor. Wie nur hatte er es vergessen können?
Wie nur vergessen, dass er einen seiner lieblings Jagdhunde zu sienem Schutz mit in sein Gemach genommen hatte? Waldi ist tot. Sir Heinrich wird schlecht. Wie nur hatte das passieren können?
Wie gern wüsste er, wer für den Mord am Vortag verantwortlich ist. Wie gern wüsste er eine bessere Lösung, als ab zu warten, was weiter passieren würde. Es gibt Niemanden, den er verdächtigt oder gar lynchen wollen würde.
Seine Gedanken schwirren nur so in seinem Kopf umher, ohne wirklich zu wissen was er tut, tritt er voller Wut und Schmerz vor einen der Pfosten seines Bettes. Stechender Schmerz durchfährt ihn, er spührt, wie sein rechter, dicker Zeh anschwillt, er spührt wie seine Beine erneut weich werden, er hört sich selber "Hilfe" schreien und merkt noch wie er Richtung Bett fällt, bevor es vor seinen Augen wieder schwarz wird.